3:1 übertüncht Defizite: Bayern «nicht im siebten Himmel»

München – Hasan Salihamidzic verspürte keine Lust, nach dem inzwischen üblichen Bayern-Sieg im Bundesliga-Eröffnungsspiel die unübersehbaren Defizite des Serienmeisters zu thematisieren.

«Was waren die positiven Sachen? Das wollen wir wissen. Also, wir haben gewonnen, das war das Wichtigste. Ich finde es nicht gut, wenn ihr jetzt nur negativ draufhaut», belehrte der neue Sportdirektor des FC Bayern nach dem 3:1 (2:0) gegen Bayer Leverkusen die Reporter. «Es läuft nach Plan», lautete das geschönte Resümee von Salihamidzic.

Hauptsache gewonnen. Nach einer schwierigen Vorbereitung stellten beim Gewinner und seinen glücklichen Fußballfans («Deutscher Meister wird nur der FCB») alle das positive Resultat über die sichtbaren Mängel gerade in der Defensivarbeit. «Wir sind nicht im siebten Himmel. Aber für uns war es wichtig, einen guten Auftakt zu haben. 3:1 zu gewinnen ist erstmal positiv», sagte Kapitän Thomas Müller.

Die ersten 90 Minuten der 55. Bundesligaspielzeit boten zahlreiche Facetten: einen Münchner Blitzstart; drei Standardtore des Meisters nach Freistoß (Niklas Süle), Eckball (Corentin Tolisso) und Elfmeter (Robert Lewandowski); ein Unwetter, das den Beginn der zweiten Hälfte verzögerte und den Bayern-Schwung wegspülte. Dazu gab es den ersten – korrekten – Videobeweis und nach der Pause eine erstaunlich Anzahl an Tormöglichkeiten für die Gäste. Aber nur Admir Mehmedi bestrafte mit seinem Treffer zum 1:3 in der 65. Minute die Nachlässigkeiten des Favoriten. «Ich kann mich an kein Spiel erinnern, bei dem wir hier in München so viele Chancen hatten», staunte Bayer-Torwart Bernd Leno.

«Man hat gesehen, dass wir nicht an der Leistungsobergrenze sind. Das ist aber gar nicht schlecht, wenn man am ersten Spieltag noch Luft nach oben hat und trotzdem das Spiel gewinnt», sagte Torschütze Süle. Der Innenverteidiger zählte ebenso wie die beiden weiteren Neuzugänge Tolisso und Sebastian Rudy neben Neuer-Vertreter Sven Ulreich im Tor zu den positiven Erscheinungen im Team des deutschen Rekordmeisters.

«Wir haben früh getroffen. Und dann haben wir nicht gut verteidigt», sagte Carlo Ancelotti. Am Trainer war die große Anspannung abzulesen, die in München herrscht. Ancelotti, der das Geschehen sonst meist stoisch am Spielfeldrand verfolgt, winkte ungewohnt häufig ab, regte sich auf, klatschte aber auch mal Beifall. Natürlich müsse man sich defensiv rasch stabilisieren, «aber ich bin nicht beunruhigt», sagte Ancelotti.

«In der zweiten Hälfte hat das Verteidigen als Team nicht geklappt», kritisierte Abwehrhüne Süle. Komplizierte Vorbereitung, zahlreiche Verletzte, fehlende Abstimmung – es gibt noch etliche Dinge, an denen in München hart gearbeitet werden muss. «Wenn man nicht bei hundert Prozent ist, kann man nicht so gut verteidigen», urteilte Ancelotti. Es fehlte auch Konzentration. «Nach dem 3:0 haben wir ein Stück weit das Spiel im Kopf abgehakt», gestand Nationalspieler Joshua Kimmich.

So konnten auch die Leverkusener nach dem erwarteten Fehlstart das Positive hervorheben. «Wir müssen uns für unsere Leistung nicht schämen», äußerte Trainer Heiko Herrlich. Bayer griff mutig an, das Team bewies im ersten Punktspiel unter Herrlichs Leitung nach dem frühen 0:2 und auch nach dem 0:3 eine neue Mentalität. «Aber wir müssen effizienter sein», rügte Herrlich – zumal Abwehrkraft fehlt.

Der wohl glücklichste Akteur auf dem Platz aber war Tobias Stieler. Der Schiedsrichter hatte das Foul von Charles Aranguiz an Lewandowski auf dem Spielfeld nicht klar erkennen können. Erst nach der Prüfung der Szene durch den Videoassistenten Jochen Drees zeigte Stieler auf den Punkt. «Das ist genau die Situation, wo der Videoassistent helfen kann, den Fußball gerechter zu machen», kommentierte der 36-Jährige.

Fotocredits: Andreas Gebert,Andreas Gebert,Andreas Gebert,Andreas Gebert,Andreas Gebert,Sven Hoppe
(dpa)

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