Ausverkauf oder Schutz des Fußballs? Der Streit um Montag

Frankfurt/Main – Die Stimmung droht gespenstisch zu werden. Die Fankurve von Eintracht Frankfurt hat angekündigt, ihre Mannschaft beim Montagabendspiel gegen RB Leipzig nicht anzufeuern.

Protest statt Unterstützung! Die Fans von Borussia Dortmund haben sogar angekündigt, beim Heimspiel gegen den FC Augsburg eine Woche später gar nicht erst ins Stadion zu gehen. «Bundesliga am Montag? Ohne uns!», schreibt das Fan-Bündnis «Südtribüne Dortmund».

Der Grund für diesen Widerstand ist einzig und allein die Anstoßzeit. Denn aus Sicht vieler Anhänger in der Fußball-Bundesliga trägt kaum etwas so viel zu der wachsenden Entfremdung zwischen dem modernen Profifußball und seiner traditionsbewussten Basis bei wie das Schlagwort «Montagsspiel». Dieses Thema wird mittlerweile so heiß diskutiert, dass einige Vereine schon wieder über die langfristige Abschaffung dieser Spielplan-Reform nachdenken, bevor das erste Montagabendspiel zwischen Frankfurt und Leipzig an diesem Spieltag überhaupt angepfiffen wird (Montag, 20.30 Uhr).

CONTRA MONTAGSSPIELE

«Montagsspiele greifen massiv in die Kultur unserer Fans ein», sagt Axel Hellmann, Vorstandsmitglied von Eintracht Frankfurt. Denn wer seine Mannschaft an einem Montagabend von Leipzig nach Frankfurt oder Augsburg nach Dortmund begleiten will, benötigt dafür zwei Tage Urlaub, vielleicht auch eine Übernachtung und muss ergo einen deutlich größeren Aufwand betreiben als an einem Samstagnachmittag.

Hinzu kommt ein Grundgefühl, der Dauervorwurf an Verbände wie Vereine: Und danach werden bei der Spielplangestaltung vermeintlich alle möglichen Interessen berücksichtigt, die der TV-Sender, die der Vermarktung der Clubs – nur nicht die der eigenen Fans.

«Die Einführung von Montagsspielen auch in Liga 1 ist ein weiterer großer Schritt hin zum Ausverkauf des Fußballs und der negative Höhepunkt der sukzessiven Spieltagszerstückelung in den vergangenen Jahren», heißt es in der Erklärung der «Südtribüne Dortmund».

Auch die Fan-Vereinigung «Nordwestkurve Frankfurt» schreibt dazu: «Verband und Vereine sind offenbar bereit, unsere Interessen jedem noch so geringen finanziellen Vorteil zu opfern. Wenn sie ein paar Euro mehr in den Taschen haben, ist es ihnen egal, dass wir uns für Montags- Auswärtsspiele Urlaub nehmen müssen und unser soziales Gemeinschaftsleben, das vor und nach den Spielen stattfindet, bedroht ist. Wenn wir diese Entwicklung nicht stoppen, wird es die Stimmung, die wir kennen, über kurz oder lang nicht mehr geben.»

PRO MONTAGSSPIELE

Die Deutsche Fußball Liga hält dagegen. Geschäftsführer Christian Seifert kennt solche Vorwürfe auch aus anderen Debatten wie etwa um die 50+1-Regel – und er hält sie im Kern für populistischen Unsinn. «Von 306 Spielen einer Saison finden maximal fünf an einem Montag statt», sagt er. Und der Vorwurf der Kommerzialisierung treffe bei der Ansetzung von Montagsspielen aus zwei Gründen nicht zu.

«Kommerzielle Gründe waren dabei nicht entscheidend, auf die fünf Montagsbegegnungen entfällt weniger als ein Prozent der Medienerlöse», schreibt die DFL. Anlass für deren Einführung sei nur gewesen: Die Schonung der deutschen Europa-League-Teilnehmer. Und der Wunsch, nicht mehrere Bundesliga-Spiele an Sonntagen parallel zu Amateurspielen stattfinden zu lassen. «Betroffene Clubs hatten zuvor immer wieder darum gebeten, nach internationalen Spielen am Donnerstag nicht bereits wieder am Samstag antreten zu müssen.»

Genau darauf verwiesen am Donnerstag auch die vielen Vereinsvertreter in einer Umfrage des Fachmagazins «Kicker». «Wenn sich nicht alle Spiele von Europa-League-Teilnehmern am Sonntag unterbringen lassen, ist mir im Hinblick auf die Gesundheit der Spieler ein Montagsspiel lieber als ein Samstagsspiel nach weniger als 48 Stunden Pause», sagte der Dortmunder Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.

CONTRA MONTAGSSPIELE

Die Frage für die Liga ist, ob der Schaden durch die Montagsspiele den Nutzen nicht bei weitem übersteigt. Denn es gibt nicht nur den massiven Widerstand der Fans, sondern zumindest auch eine große Skepsis bei den Vertragspartnern.

Beispiel Sponsoren: Bei Eintracht Frankfurt gingen in den vergangenen Wochen mehrere Mails und Anrufe ein, in denen Geldgeber klagten: Wir kriegen an einem Montag unsere Stadionlogen nicht besetzt. Der Anstoßtermin kollidiert mit Sitzungen und Geschäftsterminen, die nicht rechtzeitig vor dem Beginn eines Spiels enden.

Selbst Timo Ditschkowski, Sprecher des übertragenden TV-Senders Eurosport, sagt: «Wir freuen uns natürlich, dass wir die Plattform für diese Premiere und diesen neuen Termin sind. Aber wir haben nicht die Erwartung, dass wir an einem Montagabend dreimal so viele Zuschauer haben wie an einem Freitag.»

Wichtig für die Einschaltquote ist ohnehin die Frage: Wer spielt gegen wen? Und weniger: Wer spielt wann? Bei Eurosport sieht man immerhin die Chance, dass der Montagtermin für Stadionbesucher so unattraktiv ist. «Dass die Fans ihr Team am liebsten am Wochenende im Stadion spielen sehen, können wir nachvollziehen. Es gibt aber auch viele Anhänger, die nicht die Möglichkeit auf einen Stadionbesuch haben und am Wochenende anderen Verpflichtungen nachgehen.»

PRO MONTAGSSPIELE

Nach Auffassung von DFL-Boss Seifert und Frankfurt-Vorstand Hellmann muss sich die Bundesliga entscheiden, was sie will: Den Amateurfußball schützen? Allen Wünschen der Fans nachkommen? Oder so viel Geld einnehmen, dass sie den Anschluss im internationalen Wettbewerb nicht weiter verliert? «Das ist ein Zielkonflikt», sagt Hellmann. «Und alle Ziele zusammen sind nicht zu erreichen.»

Seifert betonte schon beim Neujahrsempfang der DFL: «Es muss der Anspruch der Bundesliga sein, im Wettbewerb der besten Ligen der Welt zu bestehen.» Und wer sich zum Spitzenfußball bekennt, der müsse sich auch «zu einem gewissen Maß zum Kommerz bekennen».

Eine Debatte über die 50+1-Regel tobt bereits seit Wochen. Und auch zur Zukunft der Montagsspiele hat sie mittlerweile begonnen. Bis 2021 läuft der aktuelle TV-Vertrag der Bundesliga. Danach könnte man die umstrittenen Ansetzungen wieder abschaffen. «Wenn viele Fans die Montagsspiele nicht haben wollen, muss man die Idee infrage stellen», sagte Leverkusens Sportchef Rudi Völler dem «Kicker».

Fotocredits: Uwe Anspach
(dpa)

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