Auswirkungen der Weltpolitik auch bei Olympia spürbar

Rio de Janeiro – Großmachtgehabe, Nationalismus, aber auch eine einfache Geste der Annäherung erinnern bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro daran, dass die Welt nicht überall friedlich ist.

Nichts symbolisiert das stärker als ein Flüchtlingsteam unter der Obhut des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Die zehn Sportler kommen aus Ländern, wo Gewalt das Leben Hunderttausender bedroht, ihnen Heimat und Habe nimmt: Syrien, Südsudan, Kongo – um einige der Brandherde zu nennen.

«Das Ziel der Olympischen Bewegung ist es, zur Schaffung einer friedlichen und besseren Welt beizutragen», heißt es in der Olympischen Charta. Auch wenn es im Olympischen Dorf und bei den Wettkämpfen nicht gewalttätig zugeht, internationale Konflikte zeigen sich im Kleinen auch in Rio.

Russland gegen die USA: «Kalter Krieg» im Schwimmbecken, lauteten Schlagzeilen, nachdem die US-Schwimmerin Lilly King gegen ihre russische Rivalin, die Dopingsünderin Julija Jefimowa, Gold gewonnen hatte. King bestrafte Jefimowa nach dem Sieg mit Verachtung. Das «Team Russland» – wegen staatlich gedeckten Betrugs ausgedünnt am Start – kratzen solche Gesten offensichtlich nicht. Wer im noblen Russischen Haus an der Copacabana vorbeischaut, erlebt eine Demonstration der Stärke: Hier hält eine kraftstrotzende Sportgroßmacht Hof.

Ohnehin hat die Entscheidung der IOC-Spitze um Präsident Thomas Bach, Russland nicht komplett von den Spielen auszuschließen, den Weltsport mehr denn je politisiert.

Russland gegen die Ukraine: Russlands Präsident Wladimir Putin befeuert mit Drohgebärden die schwelende Krim-Krise und wählt scharfe Worte dieser Tage, wenn er über den ukrainischen Nachbarn spricht. Selbst der UN-Sicherheitsrat ist alarmiert. Die Furcht vor russischer Propaganda leitete den ukrainischen Sportminister Igor Schdanow, als er seine Athleten vor den Moskauer Medien warnte. In Interviews hatten ukrainische Athleten das Fehlen russischer Sportler beklagt. Russlands Staatsmedien nutzten solche Interviews zur Propaganda, sagte Schdanow und verhängte einen Maulkorb für sein Rio-Team.

Serbien gegen das Kosovo: Es ist ein Alptraum für Serbien. Erst scheidet Tennisspieler Novak Djokovic, dessen Gold fest eingeplant war, in der ersten Runde aus. Und dann gewinnt das kleine Kosovo beim ersten Olympia-Auftritt Gold: Judofrau Majlinda Kelmendi heißt die Heldin. Das Kosovo wird von Serbien trotz Unabhängigkeit als eigenes Staatsgebiet beansprucht. Serbiens Sportminister Vanja Udovicic hatte kurz zuvor noch von seinen Athleten gefordert, eine Siegerehrung unter Protest zu verlassen, wenn Kosovo-Sportler auf dem Podest stehen. Die Fahne und die Nationalhymne des Kosovos seien einfach nicht zu ertragen.

Israel gegen den Libanon: Der Zwischenfall mit dem Bus geschah auf dem Weg zur Eröffnungsfeier. Was genau passierte, ist umstritten. Israels Sicht: Der Leiter der libanesischen Delegation habe israelische Sportler aggressiv gehindert, in den Bus zu steigen, in dem Libanesen saßen. Libanons Sicht: Der Bus sei für sie reserviert gewesen, dennoch hätten Israelis versucht, einzusteigen. Letztlich fuhr man getrennt. Israels Sportministerin Miri Regev sprach von einem «abscheulichen und antisemitischen Verhalten». Nach Kontakt mit beiden Delegationen kommentierte IOC-Sprecher Mark Adams später den Vorfall. Beide Seiten hätten das direkt geklärt und seien glücklich damit. «Wenn sie glücklich sind, sind wir auch glücklich», schloss er das Kapitel.

Südkorea und Nordkorea: Es gibt in Rio auch Momente der Hoffnung, etwas könnte sich zum Guten wenden. Die Turnerinnen Lee Eun-ju (Südkorea) und Hong Un-jong (Nordkorea) trafen sich bei den Vorkämpfen und machten gemeinsam ein Selfie. Da stehen zwei lächelnde junge Frauen, die eine so ganz andere Botschaft senden, als die beiden seit 1948 getrennten Staaten entlang des 38. Breitengrades: Einen kurzen Moment der Einheit – ganz im Sinne der Olympischen Bewegung.

Fotocredits: Yonhap
(dpa)

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