Der Strandverkäufer

Rio de Janeiro (dpa) – Einen einzigen Bikini hat Juradi Omeda Carnero bis zum Sonnenuntergang verkauft. Brasiliens Wirtschaftskrise macht auch vor den emsigen Strandverkäufern in Copacabana nicht halt.

Zwei Kilometer läuft er jeden Tag durch den Sand, immer seinen Schirm tragend, an dem rund 55 knappe, sehr farbenfrohe Bikinis baumeln. Der 47-Jährige steht stellvertretend für hunderte Verkäufer, die am Strand ihr Geld verdienen. Es ist ein Knochenjob. Und Juradis Vita ist die eines Wanderarbeiters. Eigentlich stammt er aus Salvador da Bahia, er hat schon in mehreren Städten als Frisör gearbeitet, vor dem Strand-Business schuftete er in São Paulo in einer Zuckerfabrik.

Die Szenerie ist ein Schauspiel für sich: Der Caipirinha-Verkäufer, der das Tablett balancierend in Badehose am Strand entlang marschiert, ein Headset mit Mikro auf, das den Strand beschallt: «Caipi-, Caipi-, Caipirinha.» Oder der Hutverkäufer, der fünf Hüte übereinander auf dem Kopf trägt, dazu Dutzende an einer Stange auf der Schulter. Verkäufer mit mobilem Grill. Und die Schlepper: Sie tragen strandauf, strandab schwere Kühlboxen mit eiskaltem Bier. Wenn in Brasilien auf etwas Verlass ist, dann auf gekühltes Bier nahe der Gefriergrenze.

Juradi ist zum zweiten Mal verheiratet, er lebt mit der zweiten Frau und einem sieben Jahre alten Sohn in Rio. In der Favela Babilonia, dort kauft er auch für rund 30 Reais (8,20 Euro) das Stück die Bikinis ein, die er für 50 Reais (13,70 Euro) am berühmtesten Stadtstrand der Welt verkauft. Seit fünf Jahren ist das sein Broterwerb. «Die Frauen lieben die Bikinis», sagt er. Es sei nicht unüblich, dass eine Frau zehn Stück besitze. Er sieht neben der Krise auch den Winter als Verkaufsbremse. «Aber vielleicht läuft es zu Olympia besser.»

Seine Hochsaison beginnt im November. Dann sind es fast täglich über 30 Grad – und Neu-Hinzugezogene fragen sich ob der proppevollen Strände dann immer, wer in dieser Stadt eigentlich noch arbeitet. Jeder Verkäufer braucht eine Jahreslizenz der Stadtverwaltung – aber die kostet nicht sehr viel, Juradi hat umgerechnet 17 Euro bezahlt.

Er hat zwar einen traumhaften Arbeitsplatz, aber einen sehr prekären, es reicht kaum zum Ernähren der Familie. Rente, Vorsorge? «Ich kann nur ganz wenig zurücklegen, das wird sicher nicht reichen.» So geht es vielen hier – es droht ein Arbeiten bis ins hohe Alter hinein.

Fotocredits: Peter Bauza

(dpa)
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