Der Tabellenführer und die Krise: Der BVB hadert

Frankfurt/Main – Viel mehr konnte Borussia Dortmund in nur einer Woche nicht verspielen. Fünf Punkte Vorsprung in der Bundesliga-Tabelle sind weg. Die Hoffnungen auf ein Weiterkommen in der Champions League so gut wie dahin.

Und so stand der 20-Millionen-Euro-Stürmer Maximilian Philipp so ratlos wie enttäuscht in den Katakomben der Frankfurter Arena und musste eine ziemlich paradoxe Situation kommentieren: Dass der BVB zwar immer noch Tabellenführer der Fußball-Bundesliga ist, aber trotzdem Symptome einer ernsthaften Krise zeigt. 2:3 gegen Leipzig. 1:1 auf Zypern. Und jetzt 2:2 (1:0) bei Eintracht Frankfurt. Nach einer 2:0-Führung!

«Das darf uns nicht passieren», sagte Philipp dann auch. «Unsere Enttäuschung ist groß. Wir wollten hier viel mehr mitnehmen. Wir müssen die Lehren daraus ziehen und es am Dienstag besser machen.»

Am Dienstag beginnt für den BVB gleich die nächste eng getaktete Woche mit dem Pokalspiel beim 1. FC Magdeburg. Danach geht es gegen den starken Aufsteiger Hannover 96, danach im Rückspiel gegen APOEL Nikosia wenigstens um Platz drei in der Champions-League-Gruppe. Und danach kommt auch schon der seit diesem Wochenende wieder punktgleiche FC Bayern München nach Dortmund. Es ist also eine denkbar schlechte Zeit, um sich eine Schwächephase zu leisten.

Mit den Lehren, die der BVB daraus ziehen will, ist es auch so eine Sache. Denn nichts, was am Samstag in Frankfurt zu beobachten war, ist nicht vorher schon ausgiebig analysiert und kritisiert worden.

Die großen Lücken in der Defensive zum Beispiel. Es ist kein gutes Zeichen, wenn der Bundesliga-Tabellenführer gegen ein Bundesliga-Durchschnittsteam zehn klare Torchancen zulässt. Oder wenn er in der zweiten Halbzeit einfach nicht unterbinden kann, dass sich ein Fußballspiel in diesen von Taktik geprägten Zeiten zu einer offenen «Schlacht bis zur letzten Sekunde» (David Abraham) entwickelt: wild, zügellos, zeitweise völlig frei von taktischen Erfordernissen. Ein Dortmunder Problem ist deshalb wohl auch, dass sie offenbar keine Lehren aus ihren Schwächen ziehen.

Dieser Vorwurf richtet sich nun schon länger an die Adresse von Peter Bosz. Und auch am Samstag sah der Dortmunder Trainer das Hauptproblem nicht in den Defiziten hinten. Sondern darin, dass vorne nicht das entscheidende Tor zum 3:0 oder 3:1 erzielt wurde.

«Wenn man 2:0 führt und danach noch solche Chancen hat, dann muss man dieses Spiel gewinnen», sagte der Niederländer. Stattdessen folgte auf die beiden Tore von Nuri Sahin (19.) und Maximilian Philipp (57.) nur die Frankfurter Antwort durch Sebastien Haller (64./Foulelfmeter) und Marius Wolf (68.). «Ein bisschen Glück fehlt uns im Moment», haderte Bosz. «Die Jungs sind vielleicht auch ein bisschen müde.»

Und so kommt einem der BVB in diesen Tagen wie ein schwarz-gelber Koloss vor, dem jeder beim Wanken zusieht und sich dabei fragt: Findet er zurück in die Spur? Oder fällt er endgültig hin? Noch gibt es genügend Argumente für beide Optionen. Denn Bosz‘ Sturheit in taktischen Fragen und den großen Verletzungsproblemen in der Abwehr steht ja immer noch eine Offensive mit großen Namen wie Aubameyang und Götze und großen Talenten wie Philipp und Pulisic entgegen.

Das Binnenklima bei der Borussia scheint ebenfalls noch zu stimmen. Das zeigt allein der Umgang mit dem umstrittenen Torwart Roman Bürki. Nur drei Tage nach dessen schwerem Patzer in der Champions League verlängerte der Verein den Vertrag mit dem Schweizer bis 2021. Am Samstag lief dann Nuri Sahin nach seinem Tor zum 1:0 demonstrativ zu dem Schweizer hin. «Ich wollte ihm zeigen, dass wir ein Team sind», sagte der Ur-Dortmunder. «Hier kann jeder Fehler machen.»

Fotocredits: Hasan Bratic
(dpa)

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