E-Zapfsäulen: Soweit der Strom reicht

Hannover – Das Geschäft für E-Tankstellenbetreiber lohnt sich derzeit noch nicht wirklich. Was fehlt, ist die kritische Masse von Autos mit dem emissionsarmen Elektroantrieb.

«Ab einer Million E-Autos wird es für alle Marktteilnehmer nach unserer Einschätzung wirtschaftlich sehr interessant», sagt Jonas Lohmann, der beim Oldenburger Energieversorger
EWE das Kompetenzcenter Mobilität leitet. Eine Million E-Autos – das ist auch das erklärte Ziel der Bundesregierung für 2020. Trotz starker Wachstumsraten und Kaufanreizen noch ein weiter Weg, denn von den 45,8 Millionen Autos laufen derzeit nur rund 34 000 Autos mit reinem E-Antrieb.

Ein Faktor für die noch gebremste Kauflust ist neben dem deutlich teureren Anschaffungspreis die noch im Aufbau befindliche Ladeinfrastruktur. Der Begriff «Reichweitenangst» kursiert und drückt die Bedenken aus, dass dem Auto vor allem bei Fernfahrten der Strom ausgehen könnte. Die Energieversorger und auch die Autoindustrie drücken darum beim Ausbau der öffentlich- oder halböffentlich zugänglichen Ladesäulen aufs Tempo. Verlässliche Angaben über die Gesamtzahl der Ladesäulen gibt es aber nicht.

Nach einer
Erhebung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sind es in Deutschland derzeit 11 000 öffentlich zugängliche Ladepunkte. «Wir unterscheiden zwischen Ladepunkten und Ladesäulen», sagt Lohmann. Bei EWE und den meisten Anbietern hat eine Säule zwei Ladepunkte, mit denen also zwei E-Autos aufgeladen werden können. EWE fing 2014 mit 30 Ladesäulen an und betreibt derzeit 220 Säulen. Für dieses Jahr seien 400 geplant.

In Bremen gibt es nach Angaben der Umweltbehörde rund 150 öffentlich zugängliche Ladepunkte für die rund 300 E-Autos. «Die meisten Menschen, die E-Autos haben, laden aber zuhause über Nacht oder tagsüber am Arbeitsplatz auf oder eben beides», sagt Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne). In Bremen will man prüfen, ob möglicherweise die bereits vorhandene Strominfrastruktur von Straßenlaternen genutzt werden kann. «Das wirft aber wieder andere Fragen unter anderem zu Barrierefreiheit auf, wenn da auf einmal ein Kabel auf dem Gehweg liegt», so Lohse.

Als Haupttreiber beim Thema Elektromobilität sieht EWE derzeit nicht unbedingt den Privatkunden, sondern eher die Flotte im Fuhrpark großer Unternehmen. Es ist keine Zukunftsmusik, dass Mitarbeiter am Arbeitsplatz ihr E-Auto abgeben, das dann autonom in den Ladepark auf dem Firmengelände fährt und am Ende des Arbeitstages den Beschäftigten wieder abholt, der das Auto dann durch den Verkehr steuert. «Technisch ist das schon heute machbar. Der Vorteil: Wir müssten nicht auf die rechtlich sehr komplexen Vorgaben für das autonome Fahren warten», betont Lohmann.

Der Aufbau der Infrastruktur hängt maßgeblich vom Takt der Autoindustrie ab. Die EU-Kommission will keine Quoten vorschreiben, plant aber ein Anreizsystem. Autobauer sollen bis 2025 unter ihren verkauften Neuwagen mehr als 15 Prozent emissionsarme Autos haben, bis 2030 dann mehr als 30 Prozent. Noch 2016 lag der Anteil bei rund einem Prozent. Zuletzt wuchsen die Zulassungszahlen aber schon deutlich auf einen Anteil von 6,2 Prozent im dritten Quartal 2017.

Der vom Diesel-Skandal gebeutelte Wolfsburger Volkswagen-Konzern sieht im E-Auto einen wichtigen Zukunftsmarkt. Deshalb kündigte der weltgrößte Autobauer kürzlich zusätzliche Milliarden-Investitionen in
Elektro-Mobilität an. In die Entwicklung von E-Autos, autonomes Fahren, neue Mobilitätsdienste und Digitalisierung sollen von 2018 bis 2022 mehr als 34 Milliarden Euro fließen. Der Löwenanteil ist dabei für die «Roadmap E» bestimmt.

Im VW-Stammland Niedersachsen steht im Koalitionsvertrag der neuen rot-schwarzen Regierung, dass bis zu zehn Prozent der neu beschafften Fahrzeuge im landeseigenen Fuhrpark mit emissionsarmen Antriebssystemen ausgestattet werden sollen. Seit Anfang des Jahres wurden 38 Ladesäulen für E-Autos mit Zuwendungen in Höhe von insgesamt 321 891 Euro gefördert. Laut BDEW-Erhebung gibt es in Niedersachsen 580 öffentlich zugängliche Ladepunkte.

Fotocredits: Mohssen Assanimoghaddam
(dpa)

(dpa)
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