«Ein bisschen traurig» und stolz: Herthaner jetzt BVB-Fans

Berlin – Nach der der besten Saison seit acht Jahren schwankt die gesamte Hertha-Gemeinde zwischen Freude oder Schmerz.

Trotz der höchsten Heimniederlage der Spielzeit erreichte der Berliner Bundesligist mit 49 Punkten den begehrten sechsten Rang und damit genau das im vergangenen Winter nach oben korrigierte Ziel. Doch wie schon in den jüngsten Monaten sorgte der Hauptstadtclub auch am letzten Spieltag mit dem 2:6 gegen Bayer Leverkusen für eine Berg- und Talfahrt der Gefühle. «Platz sechs hört sich gut an. Aber nach diesem Spiel kann man sich nicht so recht freuen. Die direkte Qualifikation für Europa liegt jetzt in anderen Händen», sagte der designierte Neu-Nationalspieler Marvin Plattenhardt.

Hertha zwischen den Stühlen: Einer Hinrunde mit 30 Punkten und Tuchfühlung zu den Champions-League-Plätzen folgte eine zweite Halbserie mit 19 Zählern. Schwächer waren in der Rückrunde nur fünf andere Clubs. Im Olympiastadion erkämpfte und erspielte sich das Team von Trainer Pal Dardai zwölf Siege – auswärts gab es ganze drei. Und mitten im geplanten Berliner Fußballfest watschten frei aufspielende Leverkusener die Hertha ab. «Die Heimatatmosphäre war immer toll. Deshalb tut es weh, dass wir nicht das richtige Ergebnis hingekriegt haben. Sorry», sagte Dardai.

Nur wenn Favorit Borussia Dortmund am Samstag im Wohnzimmer der Herthaner das DFB-Pokalfinale gegen Eintracht Frankfurt gewinnt, ziehen die Berliner direkt in die Gruppenphase der Champions League ein. Dardai zeigte sich «ein bisschen traurig» über die Packung gegen Bayer, Hertha war unter ihm zuvor zu Hause nie so heftig unter die Räder gekommen.

Chicharito (5. Minute), Kai Havertz (31./45.+1), Stefan Kießling (64./Foulelfmeter), Charles Aránguiz (81./Foulelfmeter) und Joel Pohjanpalo trafen für Bayer. Die Treffer von Mitchell Weiser (71.) und Sami Allagui (86., Foulelfmeter) änderte an Herthas Pleite nichts. Doch der Trainer forderte: «Schnell abhaken. Wir sind Sechster. Das ist eine Riesennummer in Deutschland.»

Kapitän Vedad Ibisevic will auch die Quali-Runde «nicht negativ sehen», die Hertha bei einem Pokalsieg der Eintracht auf dem Weg in die Europa-League bevorstehen würde: «Für mich ist das Ziel erreicht. So oder so.» Dardai will keine Konsequenzen durchspielen: «Wir beschäftigen uns nicht mit Dortmund und Frankfurt. Wir gehen jetzt in den Urlaub und ziehen dann die harte Vorbereitung durch.»

Das ernüchternde 2:6 gegen Bayer nahm der Ungar lieber als Hinweis auf die kommende Saison. «Wir haben gespürt, wenn die Leverkusener frei aufspielen, sind sie zu schnell für uns», sagte Dardai: «Wir brauchen mehr Schnelligkeit im Umkehrspiel.» Der unausgesprochene Auftrag an Michael Preetz: Der Manager soll mit der Verpflichtung von neuem Personal dafür sorgen, dieses Manko auszumerzen. Schließlich möchte der Trainer nach Rang sieben im Vorjahr und nun Platz sechs die Konkurrenzfähigkeit seines Teams weiter erhöhen.

Doch erst einmal werden für einen Tag alle Herthaner zu BVB-Fans. «Die Europa League wäre gut für das Image und die jungen Leute, die viel spielen und lernen können», betonte der Trainer. Und die möglichen zwei Zusatzrunden vor der Gruppenphase dürfen getrost als Luxusproblem gewertet werden, wie Leverkusens scheidender Trainer Tayfun Korkut deutlich machte: «Ich würde gern tauschen.» Bayer beendete die Saison als Tabellen-Zwölfter weit hinter den eigenen Ansprüchen und noch weiter hinter den Europacup-Rängen.

Fotocredits: Soeren Stache
(dpa)

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