Erste schwierige Bayern-Zeit für Kimmich

München – Joshua Kimmich kann sich freuen. In einer Woche stehen die ersten Fußball-Länderspiele 2017 an.

Und die dürften für den Senkrechtstarter des zurückliegenden EM-Jahres ein willkommenes Kontrastprogramm zu seiner aktuellen Situation beim FC Bayern darstellen, die der 22-Jährige «nicht zufriedenstellend» nennt.

«Wenn ich dabei bin, werde ich mich sehr freuen», sagte Kimmich vor der am Freitag anstehenden Nominierung von Bundestrainer Joachim Löw für den Länderspiel-Klassiker am 22. März in Dortmund gegen England sowie die anschließende WM-Qualifikationspartie in Aserbaidschan.

Kimmichs kometenhafter Aufstieg ist in München gerade ins Stocken geraten. Am Wochenende erlebte er das 3:0 gegen Eintracht Frankfurt erneut nur als Zuschauer auf der Ersatzbank. Ein 90-Minuten-Einsatz steht in den zwölf Pflichtspielen nach der Winterpause für den ehrgeizigen Jungprofi zu Buche, zwei weitere Male zählte er zur Startelf. Dabei hatte Kimmich den Schwung der Europameisterschaft optimal mit in diese Saison genommen. «Ich bin sehr gut gestartet.»

Kimmich spielte nicht nur viel, der Defensivakteur schoss plötzlich auch noch Tore; vier in der Bundesliga, drei in der Champions League. Auch im DFB-Trikot traf er erstmals beim 3:0 gegen Norwegen. «Es war mir klar, dass es nicht immer bergauf gehen kann», sagte Kimmich nach dem Frankfurt-Spiel. Trainer Carlo Ancelotti sagte, er sei zufrieden mit Kimmich: «Er hat nicht so viel gespielt, aber das waren nur taktische Entscheidungen. Er ist ein sehr wichtiger Spieler für uns.»

Der Italiener ist als Trainer kein Ausbilder wie Pep Guardiola. Er setzt gerade in der entscheidenden Saisonphase in erster Linie auf erfahrene Akteure. Im Champions-League-Spiel gegen den FC Arsenal betrug das Durchschnittsalter der Startelf knapp über 30 Jahre.

Guardiola war ein spezieller Förderer von Kimmich, nachdem dieser im Sommer 2015 von RB Leipzig nach München kam. Der Spanier setzte den nur 1,76 Meter großen Kimmich sogar in der Champions League als Innenverteidiger ein, auch weil Stammkräfte fehlten. Kimmichs Vielseitigkeit könnte auch unter Ancelotti noch von Vorteil sein.

Im Kollegenkreis ist der Musterschüler (Abinote 1,7) sehr angesehen. «Josh hat gezeigt, auf welchem Niveau er Fußball spielen kann. Aber wir sind bei Bayern, da ist es natürlich schwierig, immer von Anfang an zu spielen. Das muss man auch akzeptieren», sagte Kapitän Philipp Lahm. Jerome Boateng nennt Kimmich einen «Vorzeigeprofi», der ein Problem habe. «Rechts hinten ist Philipp, im defensiven Mittelfeld sind Alonso, Vidal, Thiago. Da ist es nicht einfach für ihn.»

Im Sommer hören Lahm (33) und Xabi Alonso (35) auf. Kimmich ist für beide Positionen eine Option. «Es ist mir egal, wo ich spiele. Hauptsache, ich stehe auf dem Platz.» Kimmich ist jung, sein Vertrag in München läuft bis 2020, die Zukunft sollte ihm gehören.

Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge mahnte zur Geduld. «Joshua ist ein junger Bursche. Ich kann mich erinnern, als Philipp Lahm im Alter von Joshua Kimmich war, da mussten wir ihn zwei Jahre an den VfB Stuttgart ausleihen, weil man ihm hier im Club nicht zugetraut hatte, dass er Stammspieler wird.» Zugleich versicherte Rummenigge bei Sky: «Wir haben Großes vor mit ihm in der Zukunft. Er wird, das ist ziemlich klar, bei uns Nachfolger von Philipp Lahm.»

Im Nationalteam hat es Kimmich schon geschafft, Weltmeister Lahm zu beerben. Seit ihn Löw bei der EM 2016 im letzten Gruppenspiel gegen Nordirland in die Startelf stellte, stand Kimmich als einziger DFB-Akteur in allen Partien 90 Minuten auf dem Platz. «Er hat sich auf der rechten Verteidigerposition festgespielt», erklärte der Bundestrainer im Herbst 2016. Vom Festspielen im Starensemble des FC Bayern ist Kimmich im Frühjahr 2017 dagegen weit entfernt.

Fotocredits: Andreas Gebert
(dpa)

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