Fast-Absteiger schlägt Vizemeister: VfL meldet sich zurück

Wolfsburg – Der Mittelstürmer Bruno Labbadia war früher bekannt dafür, vor allem im Strafraum herumzuwühlen. Er lief keinen Meter zu viel, um im entscheidenden Moment vor dem Tor zur Stelle zu sein.

Der Trainer Bruno Labbadia legte an diesem ersten Bundesliga-Spieltag aber einen Jubelsprint hin, nach dem man ihn früher womöglich hätte auswechseln müssen. Grund dafür war, dass der Wolfsburger Stürmer Daniel Ginczek in der Nachspielzeit genau dort stand, wo auch sein Trainer früher gestanden hätte. Der Beinahe-Absteiger VfL Wolfsburg besiegte den deutschen Vizemeister FC Schalke 04 mit 2:1 (1:0). Und der Jubel danach war rauschhafter als nach den beiden Relegationserfolgen der «Wölfe» in den vergangenen zwei Jahren.

«Ich freue mich heute extrem für unsere Mannschaft. Das tut dieser Mannschaft gut», sagte Labbadia nach dem Spiel. Der 52-Jährige trainiert noch immer einen der reichsten und ehrgeizigsten Vereine der Fußball-Bundesliga. Und weil das so ist, rechneten viele damit, dass der VfL Wolfsburg nach zwei nervenzehrenden Jahre im Abstiegskampf die Abrissbirne schwingt. Dass er nahezu jede wichtige Position im Spielerkader neu besetzt.

Labbadia und der neue Geschäftsführer Sport Jörg Schmadtke entschieden sich jedoch für einen anderen Weg. Sie haben die viel gescholtene Mannschaft des VfL in den vergangenen Wochen nur punktuell umgebaut. Sie wollen die Potenziale, die noch immer in der Wolfsburger Kabine schlummern, auf behutsame Weise wecken.

Labbadia und Schmadtke sind sich auch darüber einig, dass das nur unter zwei Voraussetzungen gelingen kann: Wenn man diese Mannschaft nicht mit Erwartungsdruck überlädt. Und wenn sie an Erfolgserlebnissen wie diesem Auftaktsieg gegen Schalke wachsen kann.

«Ich glaube, dieser Sieg war nicht nur für die Mannschaft unheimlich wichtig, sondern auch für die ganze Stadt und für die Fans», sagte der Siegtorschütze Ginczek. «So ein Sieg schweißt zusammen. Die letzten zwei Jahre waren nicht einfach für den Verein. Heute hat man die Steine von den Herzen fallen hören.»

Natürlich war es allein der VfL, der in diesem Spiel von den beiden umstrittenen Eingriffen des Videoschiedsrichters profitierte. Gleich zweimal innerhalb von nur drei Minuten korrigierte Schiedsrichter Patrick Ittrich sein Strafmaß: bei Schalkes Matija Nastasic von Gelb auf Rot (66.), bei Wolfsburgs Wout Weghorst von Rot auf Gelb (69.).

Trotzdem war der Sieg der «Wölfe» am Ende verdient. Das Vertrauen in diese Mannschaft zahlte sich zumindest am ersten Spieltag aus. Die Verteidiger William und John Anthony Brooks etwa waren am Samstag genau die Verstärkungen, die sie eigentlich schon in der vergangenen Saison hätten sein soll. Der US-Nationalspieler Brooks war als Torschütze zum 1:0 (33.) und als Verursacher des Elfmeters zum Schalker 1:1 durch Nabil Bentaleb (85.) sogar eine besonders prägende Figur dieses Nachmittags. Hinzu kommt, dass der VfL jetzt in Ginczek und Weghorst gleich zwei starke Mittelstürmer im Kader hat, statt wie in der Rückrunde der Spielzeit 2017/18 keinen einzigen.

«Für mich ist das letzte Jahr komplett vergessen», sagte Brooks. «So soll es jetzt weitergehen.» Was Labbadia optimistisch macht: «Die Mannschaft hat verstanden, dass sie als Mannschaft funktionieren muss. Das hat sie schon in der Endphase der vergangenen Saison getan. Sonst würden wir heute nicht mehr in der 1. Bundesliga spielen.»

Fotocredits: Peter Steffen
(dpa)

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