Gisdol sauer auf HSV-Profis: Coach zieht Konsequenzen

Hamburg – Markus Gisdol kannte keine Gnade. Der Trainer des Hamburger SV trommelte sein Pleitenteam am Montagmorgen zusammen und spielte den Profis das Video des Grauens von der Pokalblamage am Vortag beim Drittliga-Vorletzten VfL Osnabrück (1:3) vor.

«Der Trainer hat sehr, sehr klare Worte gefunden», berichtete Sportchef Jens Todt, nachdem sich der Coach seine Spieler kritisiert hatte. Gisdol räumte grimmig ein: «Ich bin noch mitten in der Aufarbeitung und kann nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.»

Einzelheiten nannte er nicht. «Es geht niemanden etwas an, wie es da abging. Ich will mir nicht in mein Innenleben schauen lassen», grollte er und bekannte: «Einige Dinge haben mich richtig gestört.» Zum Beispiel, dass sein Team den Kritikern «wieder einmal selbst die Vorlage» für Hohn und Spott gegeben habe. Daher will er Konsequenzen ziehen. Offene Personalien wie etwa bei Akteuren, die zum Verkauf stehen, gelte es «schnellstens zu klären», meinte er, ohne konkret zu werden. «Und wenn ein Spieler in dieser Woche nicht zu 100 Prozent bei der Sache ist, dann spielt er auch nicht.»

Gisdol steht jetzt vor der Situation, die er partout vermeiden wollte: Pünktlich zum Saisonstart ist der HSV im Krisen-Modus. Am Samstag kommt der FC Augsburg, ebenfalls ein Pokal-Versager, zum Bundesliga-Start. Um ein Szenario wie in der Vorsaison zu vermeiden, als nach zehn Spielen lediglich zwei Punkte zu Buche standen, muss die Mannschaft nun am Samstag liefern. Und zwar dringend!

Mental ist das HSV-Team, das in den vergangenen vier Jahren immer gegen den Abstieg spielte, längst nicht gefestigt. Da schwingt sich keiner der vorgesehenen Führungsspieler zum Anführer auf und reißt die verunsicherten Nachbarn mit. «Das war ein absolut indiskutabler Auftritt der ganzen Mannschaft», schimpfte Todt noch am Tag danach. Gisdol schwebte eine völlig andere Konstellation in der neuen Saison vor: weg vom Abstiegskrampf und Ergebnisdruck, hin zur «Spielidee mit Wiedererkennungswert».

Im Prinzip wurde der Kader nicht verstärkt. Von fünf tatsächlichen Neuen spielte in Osnabrück nur André Hahn, und der ging wie die anderen unter. Die als Top-Besetzung angesehene Innenverteidigung mit Mergim Mavraj und dem für 6,5 Millionen Euro nun fest verpflichteten Griechen Kyriakos Papadopoulos stand neben sich. Eine Alternative ist der mit 18 Jahren allerdings nur wenig erfahrene Rick van Drongelen.

«Wir verfallen nicht in Panik nach einem schlechten Spiel», betonte Todt und verwies auf positive Aspekte der Vergangenheit. «In der Vorsaison hat die Mannschaft als Rückrunden-Siebter ein ganz anderes Gesicht gezeigt. Das erwartet ich auch am Samstag.»

Vielen Fans der Hamburger ist flau im Magen, wenn sie an die neue Saison denken. Schon jetzt ist die ernüchternde Prognose zu hören: Der HSV spielt wieder nur gegen den Abstieg. Dass der Pokal-Crash in der ersten Runde allerdings kein Indikator für den weiteren Saisonverlauf ist, zeigt die Geschichte. Flog der HSV schon zum Auftakt raus, kam er in der Meisterschaft zumeist ordentlich zurecht. Der schlechteste Platz war Rang 13 im Spieljahr 1967/68.

Fotocredits: Friso Gentsch
(dpa)

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