Goldenes Karriereende für Frauen-Bundestrainerin Neid

Rio de Janeiro – Nach einer rauschenden Gold-Party nahmen die deutschen Fußball-Frauen bereits die nächsten Titel-Ziele ins Visier, nur Bundestrainerin Silvia Neid schmiedete in der Stunde ihres Bilderbuch-Abschiedes eigene Pläne.

«Nach so vielen Jahren bei der Nationalmannschaft ist das Baby jetzt groß und aus dem Haus, da kann ich auch mal wieder was für mich tun», sagte Neid am Morgen nach der großen Olympiasieger-Sause im Deutschen Haus.

Mit dem historischen Triumph erfuhr ihre imposante Trainer-Laufbahn einen krönenden Abschluss, zu dem selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel gratulierte. Und auch Weltmeister-Coach Joachim Löw meldete sich aus der Heimat zu Wort. «Dieser Erfolg ist in erster Linie auch ein Verdienst von Silvia Neid. Sie ist eine außerordentliche Trainerin, mit der ich mich immer gerne ausgetauscht habe», übermittelte Löw. «Ich bedauere sehr, dass sie nun aufhört. Sie hat unserer Frauen-Nationalmannschaft und dem Frauenfußball insgesamt ihren Stempel aufgedrückt.»

Die Fußstapfen, die Neid hinterlässt, sind riesig. Für DFB-Präsident Reinhard Grindel ist sie die Frau, «die den deutschen Frauenfußball am meisten geprägt hat». Grindel äußerte zugleich die Hoffnung, der Olympiasieg möge einen weiteren Schub geben – und erntete umgehend Widerspruch von Neid. «Wie viele Schübe brauchen wir denn noch?», sagte sie verblüfft. «Ich denke, dass wir im deutschen Frauenfußball wirklich gute Strukturen haben.»

Deshalb verlässt Neid die große Fußball-Bühne ohne Wehmut. «Das war das i-Tüpfelchen. Ich bin einfach total happy», sagte sie sichtlich gerührt. «Es fällt mir total leicht, die Zügel aus der Hand zu geben. Wir stehen gut da. Ich übergebe eine intakte Mannschaft an Steffi Jones.»

Die Spielerinnen gönnten ihrer Trainerin den Erfolg von ganzem Herzen. «Einen besseren Abschied kann sie sich nicht wünschen. Sie hat viel geleistet. Ich freue mich total, dass sie so einen perfekten Abschluss gekriegt hat», sagte Melanie Behringer und fügte hinzu: «Ich sage: Sie hat das verdient.»

Nach dem WM-Titel 2007 sowie den EM-Siegen 2009 und 2013 ist Neid nun auch im Olymp angekommen – auch wenn ihr die Goldmedaille verwehrt blieb. Die ist ausschließlich den Sportlern vorbehalten. Der Triumph im legendären Maracanã verschaffte der 52-Jährigen aber auch so ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit: «Das kann man fast nicht in Worte fassen. Das ist ja das Besondere, wenn man so ein Turnier gewinnt, wenn man dort ankommt, wofür man arbeitet. Das erfüllt einen mit Stolz.»

Der 2:1-Sieg im Finale gegen Schweden wurde daher ausgiebig gefeiert. Zweieinhalb Stunden nach dem Abpfiff schallten immer noch Jubel-Lieder aus der Kabine, ehe es zur großen Party ins Deutsche Haus ging. «Es ist total komisch. Ich freu‘ mich, aber dieses «Krass, ich bin Olympiasieger», das kann man gar nicht beschreiben. Da brauche ich noch ein paar Tage, bis ich realisiere, dass ich Olympiasiegerin bin», schilderte Behringer die Gefühlslage.

Zwischen Bier, Schampus und Caipirinha dachten die Gold-Ladys aber schon an die Zukunft. «Der Olympiasieg ist echt cool. Wenn man diese Medaille um den Hals fühlt, will man das immer wieder erleben», sagte Anja Mittag. Ein Karriereende war für die 31-Jährige in der Stunde des großen Triumphes ganz weit weg: «Ich werde den Weg mit Steffi Jones weiter mitgehen.»

Neid wird ihre Nachfolgerin, die schon am kommenden Mittwoch bei der Tagung mit den Bundesliga-Trainern ihr Konzept vorstellt, dezent im Hintergrund begleiten – in der Scouting-Abteilung für Frauen- und Mädchenfußball. Am Spielfeldrand wird man sie nicht mehr antreffen. «Ich war 34 Jahre mit dem Fußball verbandelt», stellte Neid zum Abschied fest. «Jetzt will ich mich weiterbilden und mal was anderes machen.»

Fotocredits: Soeren Stache
(dpa)

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