Jaguar i-Pace im Test: Auf leise Sohlen in die Zukunft

Berlin (dpa-infocom) – Das Vorspiel war lange und wurde kräftig inszeniert, doch nun wird es ernst: Als erster unter den klassischen Fahrzeugherstellern bringt Jaguar in diesem Sommer ein Elektroauto auf die Straße, das es in Prestige, Performance und bei der Reichweite mit den Tesla-Modellen aufnehmen kann.

i-Pace heißt der Bote aus der Zukunft und das Ticket für diese Reise, die im August beginnt, kostet mindestens 77.850 Euro.

Keine Träne für den Verbrenner

Dafür gibt es einen Antrieb, der selbst Petrolheads den Abschied vom Verbrenner leichtmacht. Schließlich fährt der i-Pace mit zwei E-Motoren von zusammen 294 kW/400 PS und 696 Nm so gut wie ein Sportwagen: Er beschleunigt in 4,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h und er gibt sich dank der völlig variablen Kraftverteilung trotz seiner 2,2 Tonnen so handlich und agil, dass man sich damit sogar auf eine Rennstrecke verirren könnte.

Selbst der Sound hat etwas mitreißendes, wenn man ihn tief in den Menüs des Touchscreens ein wenig in Richtung Spaceshuttle moduliert. Nur die Höchstgeschwindigkeit ist mit 200 km/h deutlich geringer als in dieser Klasse üblich.

Ohne Angst durch den Alltag

Dafür hat der i-Pace aber eine Reichweite, die alle Sorgen vergessen lässt. Ja, Urlaubsfahrten muss man mit dem ersten voll elektrischen Jaguar besser planen und auf dem Weg an die Adria einen Zwischenstopp in den Bergen einlegen.

Aber mit einer Batteriekapazität von 90 kWh kommt er auf dem Prüfstand 480 Kilometer und in der Praxis bei halbwegs verhaltener Fahrweise 300 bis 350 Kilometer weit und damit problemlos durch den Alltag der meisten Kunden.

Man braucht viel Geld und Geduld

Die Schattenseite der großen Batterie ist neben einem Preis, der fast doppelt so hoch ist wie für den in der Größe halbwegs vergleichbaren F-Pace, die lange Ladezeit. So kann man den Akku zwar an einer 100 kW-Säule binnen 40 Minuten zu 80 Prozent füllen oder in einer Viertelstunde den Strom für 100 Kilometer nachladen. Aber selbst wenn man zu Hause eine Wallbox installiert, reicht eine Nacht am eigenen Netz gerade mal für 200 Kilometer am nächsten Tag.

Immerhin muss man sich wenig Gedanken über das Wo und Wie des Ladens machen: Statt wie Tesla ein eigenes Netz aufzubauen, kooperiert Jaguar in Deutschland mit dem Dienst «Plugsurfing», der 11.000 Ladesäulen verwaltet. Und wer dort ein Abo anschließt, bekommt bei jedem Boxenstopp den Strom der ersten halben Stunde geschenkt.

Space-Shuttle mit Tradition

Verpackt ist das ganze in eine Karosserie, die geschickt mit traditionellen Jaguar-Merkmalen wie dem typischen Kühlergrill oder der geschwungenen Fenstergrafik spielt und trotzdem erfrischend neu aussieht.

Geschnitten wie die übernächste Generation eines sportlichen Geländewagens und im Windkanal auf minimalen Widerstand getrimmt, lässt der Jaguar so weder Zweifel an seiner Herkunft noch an seiner Zukunft aufkommen.

Mehr Platz als die Konkurrenz

Der Jaguar i-Pace unterscheidet sich nicht nur außen von konventionellen Konkurrenten wie dem Porsche Cayenne, dem BMW X6 und dem F-Pace aus der eigenen Familie. Sondern vor allem innen spielt der Stromer in einer eigenen Liga. Das gilt zum Teil für das moderne Ambiente mit digitalen Instrumenten, großen Touchscreens und wenig Schaltern – selbst wenn man das Lenkrad und die Kopfstützen ausgerechnet im ersten voll elektrischen Jaguar noch von Hand einstellen muss.

Und es gilt vor allem für das Platzangebot: Der i-Pace ist innen so großzügig wie ein Geländewagen einer größeren Klasse, weil die Elektrotechnik weniger Raum einnimmt als ein Verbrenner und die Kabine deshalb weiter vorne ansetzen kann – und weil der i-Pace mit knapp drei Metern einen riesigen Radstand hat. Davon profitieren natürlich vor allem die Hinterbänkler, die im Fond bequem die Beine über einander schlagen können. Aber das merkt man auch beim Transport: Was nicht in die zum Teil riesigen Ablagen im Innenraum oder das 27 Liter große Staufach unter der Fronthaube passt, das verschwindet in einem Kofferraum von imposanten 656 Litern. Und wenn das nicht reicht, klappt man die Rückbank um und kommt auf 1.453 Liter Ladevolumen.

Fazit: Die Schonzeit für Tesla ist vorbei

Elegant und elitär, sauber und schnell, komfortabel und kompromisslos – bislang war der Neueinsteiger Tesla mit dem Model S und dem Model X allein auf weiter Flur. Doch mit dem Jaguar i-Pace hat die alte Autowelt endlich eine glaubwürdige Antwort gefunden und die Herausforderung angenommen. Und weil der i-Pace nicht lange alleine bleiben wird, geht die Schonzeit für Elon Musk so langsam zu Ende. Seine Fans mögen das befürchten, aber für Kunden und Klima ist das kein Schaden: Konkurrenz belebt schließlich das Geschäft.

Datenblatt: Jaguar i-Pace

Motor und Antrieb: Elektroantrieb mit zwei Permanentmagnet-Elektromotoren
Hubraum: 0 ccm
Max. Leistung: 294 kW/400 PS bei 4 250 U/min
Max. Drehmoment: 696 Nm bei 0 U/min
Antrieb: Allradantrieb
Getriebe: Einstufiges Planetengetriebe
Maße und Gewichte
Länge: 4682 mm
Breite: 1895 mm
Höhe: 1565 mm
Radstand: 2990 mm
Leergewicht: 2206 kg
Zuladung: k.A.
Kofferraumvolumen: 656-1453 Liter
Fahrdaten
Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h: 4,8 s
Durchschnittsverbrauch: 21,2 kWh/100 km
Reichweite: 480 km
CO2-Emission: 0 g/km
Kraftstoff: Strom
Schadstoffklasse: k.A.
Energieeffizienzklasse: k.A.
Kosten
Basispreis des Jaguar iPace: 77.850 Euro
Typklassen: k.A.
Kfz-Steuer: 0 Euro/Jahr
Wichtige Serienausstattung:
Sicherheit: Sechs Airbags, Spurhalte-Assistent, Notbremsassistent, Diebstahl-Tracker
Komfort: Klimaautomatik, Standheizung, Navigation, Touchscreen-Steuerung

Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke

(dpa)
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