Kein Stopp für Beach-Projekt Ludwig/Walkenhorst

Rio de Janeiro – Der Vier-Jahres-Plan geht auf: Die Beach-Girls Ludwig und Walkenhorst spielen in Rio um die Medaillen. Trainer und Olympia-Goldschmied Wagner hat an Stil, Taktik und auch Persönlichkeitsstrukturen seiner Schützlinge gearbeitet. Nun soll Brasilien die neue Energie spüren.

Nach dem historischen Halbfinal-Einzug gab es für Ludwig und Walkenhorst nur einen ganz kurzen Stopp an einer kleinen Bar mit dem kuriosen Namen «Ticketcenter». Das Ticket für das Endspiel im olympischen Beachvolleyball-Turnier wurde dort nicht verteilt, das müssen sich die Hamburgerinnen gegen die Top-Brasilianerinnen Larissa und Talita noch selbst erkämpfen.

Obwohl am Dienstag mehr als 10 000 einheimische Fans gegen das deutsche Nationalteam buhen und schreien werden, soll das Rio-Projekt Ludwig/Walkenhorst noch nicht enden. Das «schwierigste Spiel» ist mit dem 2:0 im Viertelfinale gegen Kanada gewonnen, sagte Walkenhorst: «Jetzt dürfen wir noch zwei Spiele machen mit der Chance, eine Medaille zu holen.» Es wäre die erste Olympia-Plakette für die deutschen Beach-Damen überhaupt. Ludwig ergänzte: «In den vergangenen Monaten haben wir bewiesen, dass wir gut spielen können.»

Die erfahrene Abwehrspielerin, die im Sand schon vier EM-Titel sowie sechs deutsche Meisterschaften gewonnen hat und in Rio bereits ihre dritten Olympischen Spiele erlebt, präsentiert sich mit 30 Jahren sogar besser denn je. Und das hat eben mit jenem Projekt zu tun.

2013 sicherte sich Laura Ludwig nach dem Karriereende ihrer langjährigen Partnerin Sara Goller Deutschlands größtes Blocktalent Walkenhorst für ein gemeinsames Team. Zudem übernahm Trainer Jürgen Wagner, der 2012 in London Julius Brink und Jonas Reckermann zu Olympiasiegern gemacht hatte, den Chefposten. «90 Prozent von dem, was wir heute spielen, hatten wir vor vier Jahren im Kopf», sagte Wagner nun an der berühmten Copacabana.

Walkenhorst (25) und Ludwig vertrauen den Plänen des Trainers (60), der aber auch «viel auf Eigeninitiative» setzt, wie Abwehrspielerin Ludwig betonte. «Die Basistaktik wird vorgegeben, die müssen wir an die einzelnen Situationen anpassen. Wir müssen immer in Handlung bleiben», nannte es die gebürtige Berlinerin: «Das wurde uns in den vier Jahren eingebläut. Das mussten wir lernen.»

Der stabile Erfolg hat sich im Olympia-Jahr eingestellt. Vier Turniersiegen auf der Welttour und dem EM-Titel folgte nun der Einzug ins Halbfinale von Rio. Seit Beachvolleyball 1996 olympisch wurde, hat das zuvor kein europäisches Team geschafft. «Ich genieße Leistungen. Und ich genieße, dass wir diese Leistung jetzt hier auf den Punkt abrufen. Das macht mich schon stolz», sagte der Trainer.

Ludwig musste bei Wagner Beachvolleyball quasi neu erlernen. «Es gab keinen Tag, an dem mein Kopf nicht geraucht hat», erinnerte sich die Wahl-Hamburgerin. Bei Walkenhorst arbeitete der Stab mit Wagner, Balltrainerin Helke Claasen und Mentaltrainerin Anett Szigeti auch an Persönlichkeitsstrukturen. «Es ging am Anfang gar nicht, dass sie offen über Themen reden konnte. Das hat sich total verändert. Sie hat einen riesen Schritt gemacht», bescheinigte Wagner der Blockerin.

Der Chefcoach strahlt in Rio viel Ruhe aus. «Ich bin davon überzeugt, dass ich weiß, wie ich es machen muss. Es scheint zu funktionieren», sagte Wagner: «Die Arbeit haben wir in den vergangenen Jahren gemacht. Hier kann ich nur noch ein bisschen steuern.» Laura Ludwig wollte sich mit einem Fazit des gemeinsamen Projekts noch gar nicht beschäftigen: «Wartet doch mal ab, wir spielen doch noch.»

Fotocredits: Mario Ruiz
(dpa)

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