Konsequenz aus Debakel: Härtere Norm, kleines Schwimm-Team

Rio de Janeiro – Rio sollte für die deutschen Schwimmer das erste Zwischenzeugnis auf dem Weg zur Reifeprüfung bei Olympia 2020 sein – und das fiel auch für Chefbundestrainer Henning Lambertz «ernüchternd» aus.

Bei der Abschieds-Show von Michael Phelps waren deutsche Athleten im Becken von Rio nur Komparsen. Fragen und Antworten zur Schwimm-Misere.

London 2012 war der Tiefpunkt – und Rio?

Es ging sogar weiter bergab. Acht Finalteilnahmen und drei vierten Plätzen vor vier Jahren standen sieben Endläufe und maximal sechste Ränge gegenüber. Auch die Zahl der Jahresbestzeiten beim Saisonhöhepunkt stimmte bedenklich: Waren es 2014 bei der EM noch 40 Prozent und bei der WM im vergangen Jahr knapp 60 Prozent, die ihre beste Leistung im richtigen Moment brachten, so schafften dies in Rio noch nicht einmal 40 Prozent. Zu wenig gelangen starke Vor- und Halbfinalläufe an einem Tag. Ein Manko, das fast schon überwunden zu sein schien.

Warum klappte es nicht mit den wenigen DSV-Medaillenchancen?

Die drei Hoffnungsträger hätten durchaus Edelmetall gewinnen können – sie hätten nur ihr Leistungsvermögen abrufen müssen. Das gelang Weltmeister Marco Koch, Weltmeister Paul Biedermann und vor allem Europameisterin Franzsika Hentke aber nicht. Ob es an falsch dosiertem Training lag oder der Zenit schon überschritten war, muss die Auswertung zeigen. Umso ärgerlicher: Die Zeiten waren teils mehr als machbar. «Medaillen lagen auf dem Silbertablett und wir ziehen die Hand zurück», sagte Lambertz.

Sind Medaillen künftig wieder drin oder wird ein solches Abschneiden zur Regel?

Mit den dominierenden Amerikanern etwa kann sich der Deutsche Schwimm-Verband eh nicht vergleichen, zu unterschiedlich sind die Voraussetzungen etwa im Schul- und Unisystem. Dort gehört Schwimmen zum Prestige. Trotzdem steht eine Grundsatzentscheidung bevor, nicht nur im Schwimmen, sondern im gesamten deutschen Sport: Strukturen ändern für mehr Erfolg oder «Finalplatzierungen feiern wie Medaillen» (Lambertz).

Gab es auch Hoffnungsschimmer ?

Die größte Hoffnung war der größte Pechvogel eines DSV-Teams, in dem viele Tränen der Enttäuschung flossen. Jacob Heidtmann schien über 400 Meter Lagen mit deutschem Rekord beim Olympia-Debüt das Finale erreicht zu haben. Dann aber wurde der 21 Jahre alte Elmshorner wegen einer falschen Wende disqualifiziert. Der WM-Fünfte ist das Paradebeispiel der überschaubaren Anzahl des Nachwuchses, der Hoffnung machen könnte.

Welche Konsequenzen hat die zweite Olympia-Pleite in Serie?

Der Cheftrainer soll his 2020 bleiben, so lange werde die Rückkehr in die Weltklasse dauern, hatte Lambertz zu seinem Amtsantritt 2013 betont. Härtere Normen und kleinere Mannschaften könnten eine mögliche Folge sein, wenn es nicht mehr Geld zur Förderung und Aufstockung des (Trainer-)Personals gebe.

Zudem soll es das Eliteteam mit weitgehenden Freiheiten für Koch, den nun zurückgetretenen Biedermann oder Hentke so nicht mehr geben. Leistungssportdirektor Lutz Buschkow hatte bereits vor den Spielen seinen Rückzug angekündigt. DSV-Präsidentin Christa Thiel bekommt es im November erstmals mit Gegenkandidaten zu tun. Eine von ihnen ist die Fachspartenvorsitzende Gaby Dörries, die im Team mit Ex-Sportlern wie Britta Steffen, Thomas Lurz oder Anke Pieper antritt.

Fotocredits: Bernd Thissen
(dpa)

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