Letzter mit Erfolg: Torsten Frings tut Darmstadt gut

Darmstadt – Über seinen Abschied vom FC Bayern München hat Torsten Frings einmal gesagt: «Jeder Kilometer auf der Autobahn Richtung Bremen war für mich eine Befreiung.»

2005 ist der frühere Nationalspieler mit den Bayern deutscher Meister geworden, es war die erfolgreichste Zeit seiner Spielerlaufbahn. Wohlgefühlt hat er sich in München aber nie. Auch das gehört zu den Erfahrungen, die er jetzt als Trainer von Darmstadt 98 an seine Spieler weitergeben kann.

An diesem Samstag kehrt Frings mit seiner Mannschaft nach München zurück, und wieder ist die Geschichte ein bisschen paradox. Sollte Darmstadt verlieren oder Unentschieden spielen, wäre der Abstieg der «Lilien» perfekt. Sollte der Tabellenletzte aber selbst beim deutschen Meister gewinnen, würde er damit die längste Siegesserie fortsetzen, die diesem Verein in der Fußball-Bundesliga jemals gelang. Das sind die beiden Möglichkeiten, dazwischen gibt es nichts.

«Wir freuen uns unheimlich auf das Spiel. Wir wollen uns in München nicht ergeben», sagte Frings am Donnerstag. «Wir müssen aber auch richtig auf der Hut sein, dass wir da nicht unter die Räder kommen.»

In welches Extrem die Darmstädter und ihr neuer Trainer aber auch verfallen: Die Beurteilung seiner Arbeit bleibt davon unberührt. «Torsten Frings tut uns mit seiner Authentizität und seinen Attributen Willenskraft, Ehrgeiz und Siegesmentalität sehr gut», sagte Präsident Rüdiger Fritsch der «Frankfurter Neuen Presse». «Es war nicht zu erwarten, dass man mit dem Punktestand acht im Winter die Liga rockt wie ein heißes Messer, das durch die Butter fährt.»

Am 29. Dezember wurde Frings am Böllenfalltor vorgestellt, sein Team war damals wie heute Tabellenletzter. Trotzdem hat der 40-Jährige seitdem mehr aus diesem Verein herausgeholt, als zu erwarten war.

Frings allein hat einen Weltmeister (Kevin Großkreutz) und einen früheren Profi von Real Madrid (Hamit Altintop) dazu überredet, nach Darmstadt zu wechseln. Unter ihm haben die Südhessen in den vergangenen vier Monaten mehr Punkte (16) geholt als die beiden Nachbarn Eintracht Frankfurt (12) und Mainz 05 (13).

Vor allem aber spielt Darmstadt 98 unter dem Cheftrainer-Debütanten Frings einen besser organisierten und besser anzuschauenden Fußball als selbst unter dem Darmstädter Aufstiegshelden Dirk Schuster. «Ich freue mich, dass die Jungs trotz der sportlichen Situation an das glauben, was wir vorgeben», sagte er. «Wir empfinden es schon länger, dass wir positiv wahrgenommen werden. Jetzt punkten wir auch.»

Eine solche Entwicklung hat kaum jemand dem Darmstädter Kader zugetraut – und auch kaum jemand dem Trainer Frings. Erfolgreiche Spielerkarriere, unkonventionelles Äußeres, mitunter maulfaule Art: Der langjährige Werder-Profi passt nicht in jene akademisierte Trainergeneration, die um ihn herum in der Bundesliga arbeitet.

Wie erfolgreich er wirklich ist, wird sich zwar erst in der kommenden Saison zeigen, wenn Frings in der 2. Bundesliga eine neue Mannschaft aufbauen und unter erhöhtem Erwartungsdruck arbeiten muss. Aber schon jetzt lässt sich sagen: Der Trainer Frings passt in keine Schublade.

Ein Typ wie er könne seine Spieler nur heiß machen? Das wird niemand mehr behaupten, der diese Darmstädter in den vergangenen Wochen spielen sah. «Wir haben sehr viel Zeit investiert, um den SC Freiburg zu analysieren», sagte Frings am vergangenen Samstag. Da hatte sein Team gerade einen Europa-League-Kandidaten mit 3:0 zerlegt.

Ein Typ wie er knurrt Journalisten und Mitarbeiter gern mal an? Auch das hat er sich abgewöhnt. «Wieso? Haben Sie morgen nichts vor?», fragte er kürzlich einen Reporter, der von ihm wissen wollte, ob am nächsten Tag Training sei oder nicht. «Wir machen frei. Aber Sie können trotzdem gern vorbeikommen», fügte er hinzu.

«Man wird nicht automatisch ein guter Trainer, nur weil man ein guter Spieler war», sagte Frings der «Frankfurter Rundschau». Es gibt Generationen von Spielern und später Trainern, die das nie begriffen haben. Er offenbar schon. Zu viele meinungsstarke und aufbrausende Spieler, wie er selbst einer war, könne der Trainer Frings heute gar nicht gebrauchen, verriet er dazu noch: «Wenn mehr Leute an Bord sind, die rudern, dann fällt dem Steuermann das Lenken leichter.»

Fotocredits: Jan Woitas
(dpa)

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