Range Rover Velar im Test: Der Landy für den Dandy

Berlin (dpa-infocom) – Velar – bei Land-Rover-Fans hat dieser Name einen Ruf wie Donnerhall. Schließlich stand er groß auf den Prototypen, mit denen die Briten in den 1960ern die Entwicklung des ersten Range Rovers begonnen haben. 50 Jahre später wird daraus endlich eine offizielle Modellbezeichnung.

Just jener Velar schließt die Lücke zwischen Evoque und Range Rover Sport und tritt zu Preisen ab 56 400 Euro gegen betont extrovertierte Konkurrenten wie den Porsche Cayenne, den BMW X6 oder das Mercedes GLE Coupé an.

Für Modemenschen statt Matschpiloten

Als Landy für den Dandy will der Velar dabei von der Buckelpiste nichts mehr wissen. Zwar fährt er mit Allradantrieb und wie immer bei den Briten helfen abseits der Straße ein Dutzend Assistenzsysteme über mehr Hindernisse, als der gemeine Mitteleuropäer je unter die Räder nehmen wird. Doch Stil ist ihnen diesmal wichtiger als Schlamm und Schotter.

Deshalb bekommt der Neuzugang ein ebenso frisches wie futuristisches Design, nach dem sich alle Köpfe drehen. Dabei wirkt die imposante Front noch am vertrautesten. Die aalglatte Silhouette dagegen ist pure Proportion und kommt ohne Sicken oder Kanten aus. Selbst die Türgriffe verstecken sich im Karosserieblech, wenn nicht gerade eine Hand nach ihnen greift. Und statt eines Coupé-Daches wie die Konkurrenz hat der Velar ein Heck wie eine Yacht auf Rädern.

Bitte berühren

Auch innen weht im Velar ein überraschend frischer Wind. Als erster Geländewagen bekommt der Range Rover unterhalb des üblichen Navi-Bildschirms einen zweiten Touchscreen, der fast den gesamten Mitteltunnel einnimmt. Der sieht nicht nur klasse aus und informiert bestens über die vielen Fahrprogramme und Klimaoptionen, er macht auch zahlreiche Schalter und Knöpfe überflüssig. Zusammen mit dem ebenfalls digitalen Cockpit und den Sensortasten am Lenkrad wirkt der Velar damit sehr viel moderner als die meisten Konkurrenten.

Jenseits seines einzigartigen Designs ist der Velar allerdings auch nur ein Luxus-Geländewagen wie viele andere. Nicht schlechter als X6, GLE oder Cayenne – aber auch nicht besser: Er bietet bei einer Länge von 4,80 Metern und 2,87 Metern Radstand weder überdurchschnittlich viel Platz, noch reichen seine 673 bis 1731 Liter Kofferraum für Rekorde. Im Gegenteil, die Ladekante ist sogar relativ hoch. Und während man die Sitze beim Land-Rover Discovery per Smartphone umlegen kann, muss man beim Velar noch selbst Hand anlegen.

Erhaben und entspannt

Auch beim Fahren ist der Velar nur gehobener Durchschnitt. Sein Plattform-Bruder Jaguar F-Pace wirkt sportlicher und präziser. Zumindest Porsche und BMW sind deutlich strammer angestimmt. Dafür genießt man im Velar jene erhabene Entspannung, die auch den großen Range Rovern eigen ist. Und mit dem richtigen Motor ist der Velar auch alles andere als langweilig oder lustlos.

Zum Beispiel, wenn man den V6-Diesel nimmt. Der schöpft aus seinen 3,0 Litern Hubraum 221 kW/300 PS und hat bei bis zu 700 Newtonmeter selbst mit den stattlichen zwei Tonnen des britischen Brocken leichtes Spiel. Von 0 auf 100 km/h in 6,5 Sekunden und bei Vollgas bis zu 241 km/h – damit muss man sich auf der linken Spur nicht verstecken. Weil der Motor frisch entwickelt wurde und der Velar zudem der windschnittigste Land Rover aller Zeiten ist, reichen ihm zumindest auf dem Prüfstand 6,4 Liter (CO2-Ausstoß 167 g/km).

Unter der Haube muss die Zukunft warten

Alternativ bieten die Briten noch zwei 2,0-Liter-Vierzylinder mit 132 kW/180 PS oder 177 kW/240 PS sowie drei Benziner an. Ähnlich konfiguriert, leisten sie 184 kW/250 PS, 221 kW/300 PS oder 280 kW/380 PS. Zwar sind sechs Motoren eine üppige Auswahl, und alle Triebwerke sind mit SCR-Katalysator für die Diesel und Downsizing für die Benziner auf dem neuesten Stand.

Doch für den glaubwürdigen Aufbruch in eine neue Zeit fehlen dem Velar ein paar elektrische Bausteine wie ein 48-Volt-Mildhybrid oder eine Plug-In-Batterie. Da ist die Konkurrenz ein bisschen weiter, und die Zukunft muss warten.

Fazit: Unter altem Namen zu neuen Ufern

Der Name ist fest in der Geschichte verwurzelt, doch das Auto weist klar in die Zukunft. Zwar hat Land Rover mit dem Velar den Luxus-Geländewagen anders als vor 50 Jahren nicht neu erfunden. Aber mit seinem eindrucksvollen Design und seiner innovativen Bedienung haben sie ihn wirkungsvoll weiterentwickelt und sich zugleich deutlich von der Konkurrenz abgesetzt. Wenn jetzt irgendwann noch die Ingenieure mit ähnlich innovativen Antrieben nachziehen, dann ist das Urgestein unter den luxuriösen Offroadern tatsächlich fit for future.

Datenblatt: Land Rover Range Rover Velar D300

Motor und Antrieb: V-Sechszylinder-Commonrail-Diesel
Hubraum: 2993 ccm
Max. Leistung: 221 kW/300 PS bei 4000 U/min
Max. Drehmoment: 700 Nm bei 1500-1750 U/min
Antrieb: Allradantrieb
Getriebe: 8-Gang-Automatik
Maße und Gewichte
Länge: 4803 mm
Breite: 2032 mm
Höhe: 1665 mm
Radstand: 2874 mm
Leergewicht: 1959 kg
Zuladung: k.A.
Kofferraumvolumen: 673-1731 Liter
Fahrdaten
Höchstgeschwindigkeit: 241 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h: 6,5 s
Durchschnittsverbrauch: 6,4 Liter/100 km
Reichweite: 1020 km
CO2-Emission: 167 g/km
Kraftstoff: Diesel
Schadstoffklasse: EU6
Energieeffizienzklasse: B
Kosten
Basispreis der Modellreihe: 56 400 Euro
Grundpreis des Range Rover Velar D300: 69 800 Euro
Typklassen: k.A.
Kfz-Steuer: 429 Euro/Jahr
Wichtige Serienausstattung
Sicherheit: Sechs Airbags, Notbremsassistent, Allradantrieb, LED-Scheinwerfer
Komfort: 2-Zonen-Klimaautomatik, zwei Touchscreens, Einparkhilfe, Tempomat
Spritspartechnik: Start-Stopp-Automatik

Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke

Fotocredits: Nick Dimbleby,David Shepherd,Charlie Magee

(dpa)
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