Rom und das Brunnen-Problem

Rom (dpa) – Wer die Augen schließt, wähnt sich in einem Schwimmbad. Das Wasser plätschert, Stimmengewirr und immer wieder die Trillerpfeife. Doch Schwimmen kann hier teuer werden. Um genauer zu sein, könnte es bis zu 500 Euro kosten.

«Das hier ist kein Schwimmbad und auch keine Badewanne», sagt der Polizist mit der Trillerpfeife. Er steht in der Hitze umringt von Touristen vor dem Trevi-Brunnen, Roms Top-Attraktion. «Es ist harte Arbeit, hier wollen ständig Leute reinspringen oder sich niederlassen. Wir sind rund um die Uhr im Dienst.» Dann bläst er wieder in seine Pfeife und ruft: «Avanti, avanti, forbidden, get up.» Ein Brunnen-Polizist im Dauerstress.

Denn immer wieder halten sich Besucher für die Nachfahren der Schauspielerin Anita Ekberg, die 1960 in dem Fellini-Film «La Dolce Vita» ein nächtliches Bad in dem historischen Brunnen nahm und Filmgeschichte schrieb. Immer noch sind die Fotos in jedem römischen Souvenirshop in Kalendern und Postkarten verewigt. Kein Wunder also, dass Touristen sich immer wieder inspiriert fühlen. Zuletzt sorgten eine ältere deutsche Frau und danach ein nackter Spanier im Brunnen für Aufregung.

Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi wurde das nun alles zu viel. Pünktlich zu Beginn der Sommerhitze erließ sie ein Dekret, das alle historischen Brunnen in der Ewigen Stadt betrifft und bis Ende Oktober gilt. Picknicken, Füße eintauchen, auf Ränder setzen, Tiere waschen oder zu trinken geben: Alles wird geahndet. Die Strafen für dererlei Fehlverhalten betragen bis zu 240 Euro. Denn die Brunnen werden nicht nur als Abkühlbecken benutzt, sondern sind nachts oft Zentrum von Saufgelagen und morgens übersät mit Plastikgläsern und Bierflaschen.

Betroffen sind Dutzende Wasserbecken, darunter an der Piazza Navona, am Campo de’Fiori oder vor der Spanischen Treppe, wo niederländische Hooligans 2015 den Barcaccia-Brunnen von Pietro Bernini verwüsteten.

«Die Schönheit Roms muss von allen respektiert werden», so Raggi. Im Netz erntete sie jedoch sogleich spöttische Kommentare, dass sie sich um die Brunnen, aber nicht um den generellen Verfall der Stadt wie zum Beispiel das Müll- und Verkehrsproblem kümmere. Es sei, wie «einem hungrigen Dinosaurier Brotkrümel vorzuwerfen», schrieb ein Nutzer auf Raggis Facebook-Seite.

Touristen zeigten sich dagegen verständnisvoll. «Ich finde das absolut korrekt, denn gerade bei so einem Wetter wird das als Badeort und als Spaßobjekt benutzt», sagt Jörg Knoche aus Heidelberg, der am Trevi-Brunnen steht. «Es braucht schon Respekt vor dem kulturellen Erbe.» Ulrike Höpfel aus Surheim in Bayern sagt, sie sei vor der Trillerpfeife richtig erschrocken, aber sie verstehe die Maßnahme.

Was also tun in der sengenden Hitze? Schließlich ist das Meer von Rom knapp eine Stunde entfernt, Badeseen auch und öffentliche Schwimmbäder gibt es in Italiens Hauptstadt kaum. Doch Rom ist nicht nur die Stadt der historischen Brunnen, sondern auch der sogenannten
«Nasoni» (die wegen ihrer Form an Großnasen erinnern). Kleine Trinkbrunnen, aus denen Tag und Nacht frisches Wasser rinnt. Mehr als 2000 gibt es davon in der Stadt. Hier löschen Römer, Touristen, Möwen und Hunde ihren Durst, werden Babys gebadet und Kinder bespaßt. Aber auch die «Nasoni» sind immer wieder Gegenstand von Debatten: Derzeit ist im Gespräch, sie wegen der anhaltenden Hitze und Wasserknappheit vorübergehend abzustellen. Dann säße Rom wirklich auf dem Trockenen.

Fotocredits: Alessandro Di Meo

(dpa)
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