«Ruck» bei Werder erdet Herthas Heimhelden

Berlin – Die gestürzten Berliner Heimhelden hakten den ersten Unfall im eigenen Stadion ganz schnell als reparablen Blechschaden ab – glückliche Bremer dagegen erklärten ihre Saison-Premieren zum Maßstab für den Jahres-Endspurt.

Erster Auswärtssieg für Werder am 14. Spieltag der Fußball-Bundesliga, dazu erstmals in der Saison zu Null gespielt: «So kann es weitergehen», sagte Kapitän Clemens Fritz zum überraschenden, aber verdienten 1:0-Erfolg der Grün-Weißen beim Tabellendritten Hertha BSC. «Es ist eine Bestätigung für unsere Leistungssteigerung», erklärte Trainer Alexander Nouri. Max Kruse hatte vor 51 337 Fans nach einem Bock des jungen Verteidigers Niklas Stark (41.) die starke Heimsieg-Serie des Hauptstadtclubs gestoppt.

Stürmer-Oldie Claudio Pizarro hat «einen Ruck» ausgemacht in einem Werder-Team, das in Berlin besonders durch Disziplin, Kompaktheit und Mut überzeugte. Nouris Plan, Herthas Ballbesitzspiel blitzschnelle Gegenstöße über Antreiber Fin Bartels, den gefährlichen Serge Gnabry sowie die Stürmer Kruse und Pizarro entgegenzusetzen, ging voll auf. «Defensiv waren wir immer geduldig und haben mehrfach gut umgeschaltet. Ansätze haben wir zuletzt schon öfter gezeigt. Jetzt wurden unser Weg endlich belohnt», bemerkte der Coach.

Dem Spiel der Bremer war deutlich anzumerken, dass länger fehlende Akteure wie eben Ex-Nationalspieler Kruse oder der inzwischen 38 Jahre alte Pizarro langsam besser in Schuss kommen. «Jedes Spiel hilft, um mehr Rhythmus zu finden und stabiler zu sein», bemerkte Nouri, auch wenn die Chancenverwertung noch nicht stimmte: «Es ist unheimlich wichtig, dass alle an die Grenzen gegangen sind.»

Kruse hatte ein riskantes Solo von Stark am eigenen Strafraum eiskalt genutzt. «So ein Ding darf einfach nicht passieren, da muss ich draus lernen», kommentierte der Berliner U21-Nationalspieler seinen Blackout. Werder schob sich mit der Miniserie von sieben Punkten aus den jüngsten drei Spielen mit 14 Zählern ans Mittelfeld heran. Bis zu Weihnachten sollen Köln und Hoffenheim noch den Bremer Ruck spüren.

Pal Dardai wollte sich nicht lange mit Starks Aussetzer aufhalten: «Deshalb haben wir nicht verloren. Wichtig ist, dass er nicht noch einmal so einen Fehler macht.» Abhaken ordnete der Hertha-Coach nach dem gebrauchten Tag seines gesamten Teams an und hinterfragte lieber sich als seine Profis. «Was habe ich falsch gemacht als Trainer, wenn sechs, sieben, acht Spieler ohne Tagesform sind?», sagte der Ungar.

Dass sich Sebastian Langkamp (Oberschenkel) früh verletzte und damit mit John Anthony Brooks (Achillessehne) die Stamm-Innenverteidigung komplett ausfiel, sei zwar schwierig gewesen, aber keine Erklärung für die schwache Leistung. «Ich suche keine Ausrede, das war schlechte Tagesform, das war nicht Hertha BSC, das war eine komplett andere Mannschaft», erklärte Dardai zur schlechtesten Saisonvorstellung und kündigte einen «offenen Dialog» über die erste Heimniederlage nach zuvor sechs Siegen im eigenen Stadion an.

Dann aber will der 40-Jährige alle Aufmerksamkeit auf die noch anstehenden Aufgaben 2016 in Leipzig und gegen Darmstadt richten: «Wir wollen so arbeiten, dass wir noch drei, vier, vielleicht sechs Punkte holen.» Hertha ist noch immer mit 27 Punkte Dritter. Dem verpassten Vereinsrekord, den der siebter Saison-«Dreier» im Olympiastadion gebracht hätte, wird auch nicht nachgeweint. «Es wäre wohl vermessen zu erwarten, dass wir als Hertha 17 Heimspiele gewinnen. Das schafft nicht mal der FC Bayern», betonte Manager Michael Preetz.

Fotocredits: Annegret Hilse
(dpa)

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