Sandhausens starker Start – «Wir sind gerne ein Dorfclub»

Sandhausen – Auch als Tabellenzweiter der 2. Liga ist das Image des SV Sandhausen für Trainer Kenan Kocak vollkommen in Ordnung. «Wir sind gerne ein Dorfclub. Ich sehe das nicht als Beleidigung. Ich mag Dorfmenschen», sagte der 36 Jahre alte Coach. «Und es ist ja auch einfach so, dass wir eine kleine Gemeinde sind.»

Knapp 15 000 Menschen wohnen in der Stadt etwa acht Kilometer südlich von Heidelberg. Theoretisch könnte jeder einzelne davon am Sonntag ins BWT-Stadion kommen und sich die Partie des SVS gegen Fortuna Düsseldorf anschauen – das Spitzenspiel der 2. Fußball-Bundesliga. Denn mit sieben Punkten nach drei Spieltagen ist Sandhausen Zweiter, Düsseldorf steht mit einem Tor weniger auf Rang drei der Tabelle.

Beeinflussen lässt sich Kocak davon nicht. «Wir können das einordnen. Es sind erst drei Spiele gespielt. Wir bleiben demütig», betonte er. «Unser Ziel lautet: Klassenerhalt. Je schneller, desto besser. Alles andere wird auch nicht thematisiert.»

Dennoch: Im zweiten Jahr unter der Anleitung des Mannheimers mit türkischen Wurzeln, an dem zuletzt auch Galatasaray Istanbul Interesse zeigte, ist der SVS nach dem mit Platz zehn besten Zweitliga-Jahr der Vereinsgeschichte stark in die Saison gestartet. «Ich bin sehr zufrieden. Ich denke, wir haben einen Schritt nach vorne gemacht. Wir dürfen nur nicht den Fehler machen und mit Dingen zufrieden sein», mahnte er nach dem ärgerlichen 2:2 gegen Aufsteiger Kiel und den überzeugenden Siegen gegen Ingolstadt und Dresden.

Die erste Zweitliga-Saison vor fünf Jahren beendete der Club noch abgeschlagen auf Rang 17 und musste nur deswegen nicht absteigen, weil dem MSV Duisburg die Lizenz verweigert wurde. Doch seither war der SVS nach dem 34. Spieltag nie schlechter als Platz zwölf. «Wir haben uns einen richtig guten Namen gemacht», sagte Geschäftsführer Otmar Schork jüngst in einem Interview des «Kicker». Spieler von einem Wechsel nach Sandhausen zu überzeugen, sei inzwischen viel einfacher. «Wir werden vor allem sportlich sehr ernst genommen.»

Den Respekt hat sich Sandhausen hart erarbeitet, für den sportlichen Bereich stehen nur etwa sieben Millionen Euro Etat zur Verfügung. Dass viele namhafte Traditionsvereine mit ganz anderen finanziellen Möglichkeiten dennoch hinter dem SVS landen, sorgt bei Präsident Jürgen Machmeier für Kopfschütteln. Vor allem die kolportierten 100 Millionen Euro, die Ex-Liga-Konkurrent 1860 München in den vergangenen Jahren verbrannt haben soll, veranlassten ihn jüngst zu einer mutigen Aussage: «Gebt uns 100 Millionen Euro für die kommenden sechs Jahre und wir spielen mit unserer Struktur Europa League.»

Vom ehrgeizigen, aber bescheidenen Trainer Kocak gibt es solche Prognosen nicht. Auch zu persönlichen Zielen will er sich in seinem letzten Vertragsjahr nicht äußern. «Wirklich wichtig ist mir Gesundheit und Zufriedenheit in dem, was ich tue. Dazu brauche ich die Bundesliga nicht unbedingt», bemerkte der Kumpel von Schalke-Coach Domenico Tedesco.

Auch unter seiner Anleitung läuft in Sandhausen längst nicht alles perfekt. Im DFB-Pokal verlor der SVS trotz Führung gegen Viertligist 1. FC Schweinfurt 1:2 und verschenkte den Einzug in Runde zwei. «Das war ein kollektiver Aussetzer von der Mannschaft», sagte Kocak. Dass Sandhausen die Tabellenführung durch den Bielefelder Sieg am Montagabend nach einer Nacht wieder abgeben musste, ist ihm völlig egal: «Als Tabellenführer hätten wir auch nicht gesagt, wir stellen den Trainingsbetrieb ein und treffen uns direkt zum Spiel gegen Düsseldorf.» Denn: «Für uns ist jedes Spiel eine Herausforderung.»

Fotocredits: Daniel Maurer
(dpa)

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