Sehnsucht nach großem Turnier: Reus nimmt neuen Anlauf

Marbella – Bei Marco Reus ist das Lächeln zurück. In jeder Trainingseinheit von Borussia Dortmund unter andalusischer Sonne sprüht der wohl größte Pechvogel der jüngeren deutschen Fußball-Geschichte vor Tatendrang.

Gut sieben Monate nach seinem Kreuzbandriss ist ein Ende der jüngsten Leidenszeit absehbar. Mit den gesundheitlichen Fortschritten wächst seine Hoffnung, bei der WM in Russland endlich einmal ein großes Turnier spielen zu können: «Das ist mein großes Ziel. Wenn ich zu meiner Form zurückfinde, habe ich große Chancen, dabei zu sein», sagte er im Trainingslager in Marbella.

Die Krankenakte des 28-Jährigen ist so umfangreich wie bei kaum einem anderen Top-Profi. Allein in den letzten sechseinhalb Jahren fiel Reus 14 Mal für mindestens zehn Tage aus. Faser- und Bänderrisse, Adduktorenprobleme, eine Entzündung des Schambeins und ein Kreuzbandriss bremsten ihn immer wieder aus. Vor der WM 2014 in Brasilien verletzte er sich im letzten Testspiel der DFB-Elf gegen Armenien schwer. Zwei Jahre später verpasste er die EM, weil er sich im letzten Pflichtspiel mit der Borussia vor dem Turnier in Frankreich erneut eine Blessur zuzog.

Angesichts dieser Vorgeschichte gehört Reus bis zur WM eigentlich in Watte gepackt. Gleichwohl will er sich in den kommenden Monaten vor der Abreise des DFB-Teams nach Russland nicht zurückhalten: «Ich kann mich nicht schonen, schließlich muss ich mich anbieten», kommentierte Reus, «ich gebe immer Gas. Und es gibt keinen Grund, daran etwas zu ändern.»

Es spricht für seine mentale Stärke, dass er in erstaunlicher Regelmäßigkeit schnell wieder zu alter Klasse zurückfand. Über welch großes Potenzial er verfügt, war auch in Marbella erkennbar. «Marco ist ein Spieler, der den Unterschied macht, einer, der oft das 1:0 schießt», schwärmte BVB-Sportdirektor Michael Zorc voller Hoffnung, dass der Offensivallrounder der Borussia zu einer erfolgreichen Rückrunde verhilft.

Doch bei allen gesundheitlichen Fortschritten ist Vorsicht geboten. Trainer Peter Stöger legt großen Wert auf einen behutsamen Aufbau seines Stars. So verordnete er ihm in Marbella nach intensiveren Belastungen immer wieder individuelle Trainingseinheiten mit regenerativem Charakter. «Wir werden ihn nicht zu früh reinjagen», sagte der neue BVB-Coach, «aber wir werden nicht endlos warten, wenn er das Gefühl hat und das Zeichen gibt, dass er bereit ist.»

Läuft alles weiter nach Plan, dürfte Reus im Februar wieder zum Kader gehören. Er selbst will nichts überstürzen: «Ich habe mir keinen konkreten Zeitpunkt gesetzt und bin ein Mann der kleinen Schritte. Aber jeder, der mich kennt, weiß, dass ich bei so etwas ungeduldig bin.»

Nicht nur seine sportliche Klasse könnte der Borussia zum Vorteil gereichen. Als Profi mit großem Standing ist Reus dafür prädestiniert, das in der wechselhaften Hinrunde entstandene Problem in der hierarischen Struktur des Dortmunder Teams zu beheben und eine Führungsrolle zu übernehmen.

Im Wissen um diese zusätzliche Qualität bemüht sich Zorc um eine Verlängerung des bis 2019 datierten Vertrages mit Reus. «Das wäre fahrlässig, diesen Wunsch nicht zu haben, wenn man einen solchen Spieler in seinen Reihen hat. Vor allem, wenn er dann auch noch gebürtiger Dortmunder ist und eine hohe Identifikation mit dem Club hat», sagte der Sportdirektor der Deutschen Presse-Agentur. Reus sieht keinen Grund zur Eile: «Meine erste Priorität ist es, wieder auf dem Platz zu stehen. Danach kann man sich darüber Gedanken machen.»

Fotocredits: David Inderlied
(dpa)

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