Unter Verschluss: Wie der HSV Edelknipser Arp schützt

Hamburg – Alle reden über Youngster Jann-Fiete Arp, aber er selbst darf nichts sagen.

Um das 17 Jahre alte Ausnahmetalent des Hamburger SV vor einem möglichen Hype zu schützen, wurde der Stürmer mit dem besonderen Torriecher nach dem wichtigen 3:1 (1:0)-Sieg über den VfB Stuttgart sofort in die Kabine eskortiert.

Reporterfragen waren unerwünscht. «Die Erwartungshaltung darf nicht zu hoch schießen», warnte HSV-Trainer Markus Gisdol und meinte: «Es ist nicht so schlimm, ihn nicht gleich in den Mittelpunkt zu stellen. Es wird so viel Wirbel gemacht um den jungen Burschen.»

Gisdols Wunsch ist verständlich. Schließlich ist Arp hauptamtlich Abiturient am Gymnasium Heidberg und nur nebenberuflich Teilzeit-Profi mit drei Trainingseinheiten pro Woche. Doch mit seinem zweiten Tor im dritten Bundesliga-Einsatz hat sich der Junioren-Nationalspieler zum Hoffnungsträger für den HSV katapultiert. Sein Name steht für das Ende der Serie von acht sieglosen Partien und er wird in Verbindung gebracht mit dem 500. Heimsieg in der Bundesliga-Geschichte des Vereins. «Das ist mir ehrlich gesagt schon etwas unheimlich. Ich möchte mich einfach nur auf den Fußball konzentrieren», zitierte der HSV den Gefeierten.

Gisdol brachte das forsche Edeltalent, das vor Monaten dem FC Chelsea eine Absage erteilt hatte, als Ersatz für seinen Stamm-Stürmer Bobby Wood. Der Amerikaner hat im gesamten Jahr 2017 nur zweimal ins Netz getroffen. Lange Zeit hatte der Trainer Geduld mit Wood bewiesen, sie letztlich aber verloren. «Irgendwann muss auch zurückgezahlt werden», meinte er müde und zermürbt von den Enttäuschungen im Wochenrhythmus.

Dann kam Arp. «Er hat das Tor gemacht wie ein Vollblutstürmer», schwärmte Sportchef Jens Todt und möchte den Knipser am liebsten sofort über das Jahr 2019 an den HSV binden: «Wir haben ja erst vor wenigen Monaten um einen weiteres Jahr verlängert. Aber Fietes Berater weiß Bescheid, dass wir 24 Stunden am Tag gesprächsbereit wären.»

Dass es mit dem Abiturienten und dem 20 Jahre alten japanischen Kunstdribbler und Passgeber Tatsuya Ito wesentlich erfolgreicher läuft, freut Gisdol vermutlich am meisten. Schließlich war er wegen demoralisierender Sieglosigkeit immer stärker unter Druck geraten, obwohl Vorstand und sportliche Leitung ihm die Treue schwören. Aber auch sie hatten den Coach zuletzt vernehmlich ermahnt, endlich mit dem Punktesammeln zu beginnen. Nun hat Gisdol vorerst Ruhe.

Für die Öffentlichkeit will der Coach keine Jugend-Manie zulassen. «Die Jungs können sich nur entwickeln, wenn sie eine Mannschaft um sich haben, die ihnen hilft», sagte er. Gisdol muss das Kunststück fertigbringen, die jungen Hoffnungsträger vor Höhenflügen zu bewahren und sie zugleich erst gar nicht die Bürde der Verantwortung spüren zu lassen. Unter deren Last sind gestandene und zuvor erfolgreiche Profis gleich reihenweise beim HSV zusammengebrochen. Nicht umsonst heißt es häufig: Wer zum HSV geht, wird garantiert schlechter.

Über den verdienten Sieg der Hamburger maulten die Stuttgarter. Sie zweifelten die Rechtmäßigkeit an, weil Schiedsrichter Guido Winkmann eine Fehlentscheidung getroffen hatte. Der Kerkener schickte Abräumer Dzenis Özcan schon in der 13. Minute wegen wiederholten Foulspiels per Ampelkarte vom Platz. «Ich habe heute einen Fehler gemacht, da muss ich zu stehen», räumte Winkmann nach Studium der TV-Bilder ein.

Pikant: VfB-Trainer Hannes Wolf warb in der aktuellen Diskussion um die Referee-Leistungen um mehr Befugnisse für den Video-Assistenten. «Da sitzt jemand in Köln und guckt das Spiel – beruflich. Er kriegt dafür auch Geld. Und dann greift er in dem Moment nicht ein – bei der Situation, die natürlich spielentscheidend ist», beschwerte sich Wolf. Die Regeln besagen aber: Bei Gelb-Rot darf der Video-Assistent nicht eingreifen. Und das, auch wenn er es besser sieht.

Fotocredits: Christian Charisius
(dpa)

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