VW Polo im Test: Mini-Golf für Fortgeschrittene

Berlin (dpa-infocom) – Volkswagen öffnet den Zugang zum Golfplatz einem breiteren Käuferkreis: Wenn Ende September ab 12 975 Euro die sechste Generation des VW Polo startet, verschmelzen die Grenzen zwischen Kleinwagen und Kompaktklasse, und es gibt viele Errungenschaften des Golf auch im Polo.

Das gilt zu allererst für das Format: Der Polo VI nutzt künftig genau wie der Golf die Architektur des Modularen Querbaukastens (MQB). Deshalb geht der neuerdings nur noch als Viertürer angebotene Konkurrent von Opel Corsa und Co. in jeder Dimension ein wenig aus dem Leim.

Mehr Platz für Kind und Kegel

In der Breite legt der Polo um sieben Zentimeter zu; der Radstand wächst genau wie die Länge um rund zehn Zentimeter und mit seinen 4,05 Metern knackt der Polo zum ersten Mal die Vier-Meter-Marke, die lange Jahre als Grenze zur Kompaktklasse gegolten hat.

Vom Wachstum profitieren vor allem die Hinterbänkler. Während der Fahrer im Polo schon immer gut saß und jetzt in engen Lücken länger kurbeln muss, wächst die Kniefreiheit im Fond auf ein Maß, das nun auch für Erwachsene bequem ist. Passend dazu legt der Kofferraum zu: Mit einem Plus von 25 Prozent und einem Volumen von 351 Litern kommt der Polo so im Alltag an und taugt auch für Familien.

Viel Elektronik an Bord

Der MQB steht aber nicht nur für eine neue Plattform, sondern auch für jede Menge neuer Technik. So bekommt der Polo jetzt genau wie der Golf Assistenzsysteme wie eine automatische Abstandsregelung.

Er kann zum ersten Mal mit LED-Scheinwerfern ausgestattet werden, und als erster Kleinwagen überhaupt bietet er die Option auf voll animierte Instrumente, die selbst den riesigen Touchscreen verblassen lassen.

Zurückhaltende Motorpalette

Nur unter der Haube wahrt der Polo einen respektvollen Abstand zu seinem großen Bruder. Zwar wird es bald auch einen Polo GTI mit vielversprechenden 147 kW/200 PS geben. Und ein Benziner mit 110 kW/150 PS ist ebenfalls in der Pipeline. Doch los geht es erst einmal mit drei Benzinern mit 1,0 Liter Hubraum.

Als Sauger leisten sie 48 kW/65 PS oder 55 kW/75 PS und mit Turbo kommt das Triebwerk auf 70 kW/95 PS. Auch hinter der dicksten Dämmung noch immer an seinem Schnattern zu erkennen, mobilisiert der Dreizylinder 175 Newtonmeter und ermöglicht damit solide Fahrleistungen. So beschleunigt er von 0 auf 100 km/h in 10,8 Sekunden und danach weiter auf bis zu 187 Sachen.

Dämpfer für den Diesel

Diesel spielen dagegen keine große Rolle mehr beim Polo. Erstens, weil die Benziner mit Normwerten ab 4,4 Litern (CO2-Ausstoß 101 g/km) relativ sparsam sind. Zweitens, weil sich Selbstzünder in Kleinwagen ohnehin nur selten rechnen. Und drittens, weil VW und Diesel aus gegebenem Anlass nicht mehr ganz so gut zusammenpassen. Deshalb wird es vorerst auch nur zwei 1,6 Liter große Selbstzünder mit 59 kW/80 PS und 70 kW/95 PS geben – und die kommen erst später im Jahr.

Mehr Worte macht VW stattdessen um den ersten Polo mit CNG-Antrieb, der mit Erdgas im Tank bei 66 kW/90 PS auf einen zweistelligen CO2-Ausstoß kommen wird und so hilft den Flottenverbrauch zu drücken, bis in drei Jahren endlich die Elektro-Offensive beginnt.

Seriös statt charmant

Zwar fühlt sich im Polo alles grundsolide an, das Auto fährt mit längerem Radstand und breiterer Spur sicher, stabil und souverän wie ein sehr viel größeres Modell, ohne dass es sich im Stadtverkehr sperrig anfühlen würde. Und die Ausstattung an Infotainment- und Assistenzsystemen ist vorbildlich – selbst wenn sogar der USB-Anschluss Aufpreis kostet.

Doch wirkt der Polo damit so erwachsen und seriös, dass ihm der jugendliche Charme der Konkurrenz weitgehend fremd ist. Da helfen auch nicht die schärferen Konturen in der Karosserie oder bunten Konsolen nicht, die VW jetzt ins Cockpit klebt. Dabei beweist die spanische Schwester Seat, wie man aus dem gleichen Baukasten einen ebenso leidenschaftlichen wie lustvollen Herzensbrecher auf die Räder stellen kann.

Fazit: Ein ganz Großer unter den Kleinen

Für Schwärmer und Lustkäufer ist der Polo deshalb eine denkbar schlechte Wahl. Doch wer einen seriösen Kleinwagen mit Substanz sucht, für den gibt es aktuell kaum eine bessere Alternative. Mit der neuen Plattform, dem gewachsenen Format und der verlängerten Optionsliste ist der Polo unter den Kleinen ein ganz großer und kommt dem Golf näher als je zuvor – allerdings gilt das nicht nur für Auftritt und Ausstattung, sondern auch für Preis und Prestige. Denn genau wie sein großer Bruder ist der Polo kein Schnäppchen und erst recht kein Auto, für das man sich den Hals verrenkt.

Datenblatt: VW Polo 1.o TSI

Motor und Antrieb: Dreizylinder-Turbo-Benzindirekteinspritzer
Hubraum: 999 ccm
Max. Leistung: 70 kW/95 PS bei 5000 bis 5500 U/min
Max. Drehmoment: 175 Nm bei 2000 bis 3500 U/min
Antrieb: Frontantrieb
Getriebe: Fünfgang-Schaltgetriebe
Maße und Gewichte
Länge: 4053 mm
Breite: 1946 mm
Höhe: 1461 mm
Radstand: 2548 mm
Leergewicht: 1145 kg
Zuladung: 432 kg
Kofferraumvolumen: 351 Liter
Fahrdaten
Höchstgeschwindigkeit: 187 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h: 10,8 s
Durchschnittsverbrauch: 4,4 Liter/100 km
Reichweite: 910 km
CO2-Emission: 101 g/km
Kraftstoff: Super
Schadstoffklasse: EU6
Energieeffizienzklasse: B
Kosten
Basispreis des VW Polo: 12 975 Euro
Grundpreis des VW Polo 1.0 TSI Comfortline: 17 200 Euro
Typklassen: k.A.
Kfz-Steuer: 32 Euro/Jahr
Wichtige Serienausstattung
Sicherheit: Sechs Airbags, Front-Assist, Müdigkeitswarnung
Komfort: Klimaanlage, Zentralverriegelung, Bordcomputer
Spritspartechnik: Start-Stopp-Automatik

Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke

Fotocredits: MHE_2,MHE_2,@Markus HEIMBACH,MHE_2,@Markus HEIMBACH,@Markus HEIMBACH

(dpa)
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