Was Passagiere über Fluggastrecht-Portale wissen müssen

Wiesbaden – Ryanair nennt sie verächtlich «Ausgleichsjäger», sie selbst verstehen sich als Anwälte der Passagiere: Fluggastrecht-Portale. Immer mehr Anbieter drängen in den Markt.

Für die Airline-Kunden erstreiten sie Entschädigungen, wenn Flüge ausgefallen sind oder sich stark verzögert haben – gegen üppige Provisionen. Für Fluggäste kann sich das trotzdem lohnen.

Warum sind die Portale für Passagiere interessant?

Im vergangenen Sommer herrschte an deutschen Flughäfen häufig Chaos: gestrichene Flüge, massenhafte Verspätungen, Wartezeiten, Frust. «Einen verspätungsfreien Flugbetrieb wird es nie geben», sagt der Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt aus Hamburg. Dafür sei das System zu komplex. «Aber der Sommer war schon heftig.»

Bei vielen Annullierungen und Verspätungen steht den Passagieren eine Entschädigung zu. Lufthansa hat im Sommer 2018 nach eigenen Angaben rund 250 Millionen Euro für Kompensationen an die Passagiere ausgegeben. Doch nicht alle Fluggesellschaften sind so zahlungsfreudig. Viele Airlines wehren berechtigte Entschädigungsansprüche ab.

Warum steht mir bei Flugstreichungen und Verspätungen Geld zu?

Das schreibt die EU-Fluggastrechteverordnung vor. Bei kurzfristigen Annullierungen und Verspätungen von mehr als drei Stunden steht dem Passagier oftmals eine Ausgleichszahlung zu. Je nach Flugdistanz sind das 250 Euro (bis 1500 Kilometer Flugstrecke), 400 Euro (1500 bis 3500 Kilometer) oder 600 Euro (mehr als 3500 Kilometer).

Warum frage ich nicht einfach bei der Airline nach?

Das ist der beste Weg, zu dem auch Verbraucherschützer raten. Doch er funktioniert nicht immer. Es kommt auf die Airline an. Nach den Erfahrungen von Fairplane, einem führenden Fluggastrechte-Portal, tun sich zum Beispiel die Lufthansa und Tuifly durchaus positiv hervor, wie Sprecher Ronald Schmid sagt. Negativ fielen dagegen Easyjet, Iberia, Eurowings, und Sun Express auf – und der bekannte irische Billigflieger: «Ryanair ist am schlimmsten.»

Wie arbeiten die Portale genau?

Es gibt zwei Modelle. Bei der «Inkasso-Variante» bestreitet das Portal für den Kunden den Rechtsweg und kassiert im Erfolgsfall eine Provision. Die «Sofortentschädiger» kaufen dem Passagier den Anspruch ab und versuchen, ihn dann selbst durchzusetzen. In diesem Fall ist die Provision meist höher als bei der Inkasso-Methode.

Was kostet mich die Dienstleistung?

Bei
EUclaim sind es 22,5 Prozent der Entschädigungssumme (mit Mehrwertsteuer 26,76 Prozent). Beispielrechnung des Anbieters: Von 250 Euro Entschädigung erhält der Passagier 183,06 Euro.
Flightright behält 20 bis 30 Prozent, plus Steuern. Die genaue Höhe erfährt der Kunde, bevor er den Auftrag abgibt.
Fairplane nennt 24 bis 35 Prozent inklusive Steuern.
Airhelp behält von 250 Euro Anspruch 63 Euro, was ungefähr 25 Prozent der Entschädigungssumme entspricht. Der Anbieter
EUflight entschädigt ausschließlich sofort und rechnet vor: Von 250 Euro bekommt der Kunde 148,88 Euro. Der Abschlag beträgt also satte 42 Prozent. Dafür gibt es das Geld binnen 24 Stunden.

Wie finde ich ein seriöses Portal?

Wie viel Geld die Passagiere verschenken, weil sie berechtigte Ansprüche nicht einfordern, ist offen. Doch der Markt boomt, gerade nach dem Flugchaos im Sommer 2018. Nach Recherchen der Fachzeitschrift
«fvw» (Ausgabe 21/2018) sind inzwischen 30 Fluggasthelfer auf dem deutschen Markt aktiv. Doch manche arbeiteten mit «grenzwertigen Methoden», heißt es in dem Bericht. Bemängelt wird etwa, dass die genaue Höhe der Provision zunächst nicht ersichtlich ist. Oder dass von den Airlines bereits bezahlte Entschädigungen nicht sofort an den Passagier überwiesen werden – was kaum ersichtlich sei.

Wie gehe ich vor als Passagier?

Fluggäste sollten sich zuerst direkt an die Fluggesellschaft wenden. Viele Airlines kommen berechtigten Ansprüchen zuverlässig nach. Im nächsten Schritt kann die Schlichtungsstelle söp in Berlin helfen. Das ist kostenlos, das Ergebnis aber nicht bindend. Führt all dies nicht zum Erfolg, bietet sich ein Portal an.

Fotocredits: Robert Günther,Gregor Schläger,Christin Klose
(dpa/tmn)

(dpa)
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