Wende für Gladbach, Rückschlag für Bayer

Leverkusen – Nach der unglaublichen Aufholjagd von Borussia Mönchengladbach bei Bayer Leverkusen wog Dieter Hecking zwischen Lob und Warnung genau ab.

«Wir sind begeistert von unserem Auftritt. In der Zusammenarbeit zwischen neuem Trainer und Mannschaft ist so ein Sieg Gold wert», sagte der 52 Jahre alte Borussia-Coach nach dem irren 3:2 (0:2) im Bundesliga-Westderby, mahnte aber auch: «Es sind Dinge, die lassen sich gut an. Doch lobt die Spieler nicht zu sehr in den Himmel. Gemach, gemach!»

Es sei viel zu früh, nun «alles rosarot zu sehen» und die größte Gefahr, nun zu glauben, nach so einem Spiel den SC Freiburg in einer Woche im Vorbeigehen schlagen zu können. «Ich hoffe, die Mannschaft kann das gut einordnen und meint nun nicht, dass jetzt schon alles super ist», sagte Hecking, der in vier Wochen nach der Amtsübernahme viel Anerkennung und Respekt bei den Gladbacher Profis erworben hat.

«Der Trainer hat uns den Glauben zurückgegeben», meinte Kapitän Lars Stindl nach dem ersten Auswärtssieg der Saison. Mit seinem Doppelpack (52./58. Minute) hatte er in einem fast verloren geglaubtem Spiel – nach Bayer-Toren von Jonathan Tah (31.) und Chicharito (34.) – entscheiden mitgedreht.

«Das Spiel kann ein Wendepunkt der Saison werden. Wir dürfen aber nicht denken, es geht nun einfach so weiter, sondern müssen es uns hart erarbeiten», sagte Weltmeister Christoph Kramer. Ausgerechnet der Ex-Leverkusener hatte den Pass in der 71. Minute gespielt, den Raffael zum 3:2 nutzte. «Mit der Reaktion hat niemand gerechnet.»

Die Gladbacher verschafften sich mit dem Überraschungserfolg Luft im Kampf gegen den Abstieg, rückten auf Tabellenrang 13 vor und liegen nun fünf Punkte vor dem Relegationsplatz. Für Kramer ist das ein Verdienst des Coaches: «Natürlich hat er großen Anteil daran. Ich finde es sehr angenehm, unter ihm zu arbeiten. Es macht Riesenspaß.»

Dies gilt auch für Hecking selbst. «Vier Punkte auswärts ist nicht so schlecht», lautete seine Zwischenbilanz nach zwei Liga-Spielen (zuvor 0:0 in Darmstadt). «Ich wollte ungeschlagen bleiben. Und das ist nicht so schlecht in Leverkusen.» Erleichtert zeigte sich Manager Max Eberl, mit dem Nachfolger von André Schubert wieder in die Erfolgspur gekommen zu sein: «Wir haben einen Schritt nach vorne gemacht und gezeigt, dass wir es können.»

Neben der Rückkehr zur Viererkette und mehr Stabilität in der Abwehr hat Hecking vor allem an der Stärkung der Psyche der Spieler gearbeitet. «Die Mannschaft hat verinnerlicht, Mentalität auf den Platz zu bringen. Das war heute spürbar», befand er.

Dieses Gefühl hatte sein Kollege Roger Schmidt nun gar nicht. «Gladbach hat den Sieg verdient und wir haben unseren Teil dazu beigetragen», sagte er. Zu nervös, zu viele einfache Fehler, zu inkonsequent verteidigt, stand auf seiner Mängelliste. Statt nach der 2:0-Führung diszipliniert, konzentriert und kompakt zu spielen, «fehlte uns die Entschlossenheit», urteilte Schmidt enttäuscht.

Das Ziel des Champions-League-Achtelfinalisten auch 2017/18 auf der europäischen Bühne spielen zu können, bekam nur eine Woche nach dem Sieg gegen Hertha BSC (3:1) einen Dämpfer. «Wir hätten gern eine Aufholjagd gestartet, die ist jetzt leider unterbrochen», sagte Sportchef Rudi Völler. «Jetzt können wir uns zwei Tage lang schütteln und ärgern. Beim Hamburger SV müssen wir uns am Freitag besser präsentieren.»

Fotocredits: Marius Becker
(dpa)

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