Werder furios: Aus der «größten Sackgasse» nach Europa?

Bremen – «Europapokal, Europapokal» – noch weit nach Spielschluss hallten die Gesänge der euphorisierten Bremer Fans über den Osterdeich.

Beschwingt, begeistert und fast ein bisschen benommen trotteten die Werder-Anhänger durch die frühlingshafte Nacht und bildeten damit einen krassen Gegensatz zu jenen nüchternen Analysen, die ihre Fußball-Helden kurz zuvor nach dem 3:0 (1:0) gegen den FC Schalke 04 geäußert hatten. «Die Fans können heute ein Stück weit abheben. Wir bleiben am Boden», sagte Werder-Coach Alexander Nouri am Dienstagabend. «Wir träumen nicht, wir träumen nur von Frankfurt.»

Frankfurt ist am Freitag der nächste Gegner dieser Bremer Mannschaft, die sich auf spektakuläre Art und Weise von einem Abstiegskandidaten zu einem Europapokalanwärter entwickelt hat. Sechs Punkte beträgt der Vorsprung der Hanseaten nach dem dritten Heimsieg in Serie inzwischen auf den Relegationsplatz, nur fünf Zähler sind es zu den internationalen Rängen. «Ich denke, dass Frankfurt einen anderen Gegner bevorzugen würde», sagte Bremens Abwehrchef Niklas Moisander.

Doch wie konnte es zu dieser wundersamen Wandlung kommen? Es ist noch keine zwei Monate her, da stand Nouri an der Weser kurz vor dem Aus. Eine Niederlage in Mainz hätte dem 37-Jährigen Mitte Februar wohl den Job gekostet. Aber seitdem haben die Grün-Weißen 19 von möglichen 21 Zählern eingesammelt und treten inzwischen mit einer Selbstsicherheit auf, der die in dieser Saison so wankelmütigen Schalker kaum etwas entgegenzusetzen hatten.

«Wir waren in einer der größten Sackgassen, die es im sportlichen Bereich gibt», sagte Bremens Kapitän Zlatko Junuzovic. «Aber wir sind da gemeinsam rausgekommen. Es wird akribisch gearbeitet. Momentan haben wir einen sehr guten Lauf, wo wir als Einheit agieren, wo jeder für den anderen da ist», analysierte der Österreicher.

«Akribisch», «Einheit», «jeder für den anderen da» – es sind diese einfachen Grundtugenden, die Werder aus der Krise geführt und zum Team der Stunde haben werden lassen. Moisander, Veljkovic, Gebre Selassie – die Namen der Spieler flößen den Gegnern nach wie vor keine übermäßige Angst ein. «Aber wir sind eine Gemeinschaft des Willens», sagte Nouri, «der Teamspirit ist unglaublich.»

Mit dieser Einstellung stecken die Bremer Woche für Woche auch ihre vielen Ausfälle weg. Gegen Schalke fehlte fast eine halbe Mannschaft, während der Spiels fiel auch noch Thomas Delaney mit muskulären Problemen aus. Doch das Werder-Gefüge, das zu Beginn des Jahres noch beim kleinsten Widerstand in sich zusammenfiel, bildet auch in diesen brenzligen Phasen ein Bollwerk.

Nichts und niemand scheint dieses neue Werder derzeit aus der Balance bringen zu können, und dennoch überwogen bei Verantwortlichen und Spielern die mahnenden Worte. «Wir haben eine gute Serie hinter uns, aber ich habe das mit St. Pauli schon einmal erlebt. Da waren wir Zwölfter oder 13. und haben auf einmal alle Spiele verloren. Am Ende sind wir abgestiegen», sagte Max Kruse.

Der Stürmer beseitigte mit seinem Foulelfmeter zum 2:0 in der 76. Minute die letzten Zweifel am Sieg. Zuvor hatte Theodor Gebre Selassie Bremen in Führung gebracht (24.), Maximilian Eggestein sorgte mit seinem ersten Bundesligator für die Entscheidung (80.). «Es ist schön, wenn die Fans in Bremen wieder das Träumen anfangen», sagte Kruse, «aber wir als Mannschaft konzentrieren uns auf die Aufgaben, die vor uns liegen.» Macht Werder so weiter, könnten diese in der kommenden Saison sogar wieder internationaler Natur sein.

Fotocredits: Carmen Jaspersen
(dpa)

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