Werders Trainersuche: Baumann in Frankfurt unter Druck

Bremen – Vorsorglich hat Werder Bremens Sportchef Frank Baumann schon einmal versucht, die Bedeutung des Bundesligaduells bei Eintracht Frankfurt herunterzuspielen.

Die Entscheidung in der Trainerfrage beim Tabellen-Vorletzten werde «unabhängig vom Ergebnis» am Freitag getroffen, kündigte Baumann an. Dabei dreht sich bei den Hanseaten derzeit alles genau darum. Sollte auch Interimscoach Florian Kohfeldt als Nachfolger des am 30. Oktober beurlaubten Alexander Nouri nicht endlich der erste Sieg seit sechs Monaten gelingen, nähme auch der Druck auf Baumann erheblich zu. Auch das spielte der 42-Jährige herunter: «Das ist nicht meine erste Krise. Entscheidend ist, was hinten rauskommt.»

Und das war zumindest in der Trainerfrage zuletzt nicht viel bei Werder. Am Montag musste Nouri bei den katastrophal in die Saison gestarteten Hanseaten gehen. Baumann hatte Nouris Vertrag erst im Mai verlängert und den Coach lange gestützt. «Jetzt muss Baumann liefern», hieß der Titel eines Kommentars des «Weser Kurier» zuletzt. Baumann-kritische Töne in Bremen gibt es spätestens seit dem Nouri-Aus immer mehr. Baumann hatte auch dessen unpopuläre Entscheidungen im Sommer geduldet. Die Abschiebung des bei Werder ausgebildeten Torhüters Felix Wiedwald, die Vertragsauflösung von Co-Trainer Florian Bruns und die verweigerte Verlängerung mit dem Bremer Idol Claudio Pizarro waren hart für die Werder-Seele.

Das Problem dabei aber war vor allem der nun ausbleibende Erfolg. Seit 13 Spielen ist Werder saisonübergreifend sieglos, der Start in die Spielzeit war mit nur drei Toren und fünf Punkten aus zehn Spielen desaströs. An der Abkehr von der Unterstützung für Nouri kam Baumann fast nicht vorbei. «Einen Trainer zu entlassen, ist natürlich nicht immer super», gestand Baumann nun etwas lapidar. «Ich treffe aber immer die Entscheidung, von der ich überzeugt bin. Wenn ich dafür kritisiert werden, halte ich das auch aus», fügte er hinzu.

Kritik gibt es derzeit genug. Bereits an Viktor Skripnik hielt Baumann anders als sein Vorgänger Thomas Eichin, der den ukrainischen Coach nach der Saison 2015/2016 schassen wollte, fest. Stattdessen musste Eichin gehen, Nachfolger Baumann dagegen verlängerte gar Skripniks Vertrag und beurlaubte ihn dann vor gut einem Jahr doch. Nun haben die Hanseaten gleich drei Trainer auf der Gehaltsliste, weshalb Meldungen über das angebliche Interesse an Starttrainern wie Thomas Tuchel oder Lucien Favre durchaus verwunderten.

«Da brauchen sie sich keine Gedanken zu machen», sagte Baumann aber zur Frage, ob sich der Club es wirklich leisten könne, einen Trainer wie Favre aus einem laufenden Vertrag herauszukaufen. Immer wieder – zuletzt am Donnerstag von sport1.de und der «Bild» – wurde allerdings der zur Zeit verfügbare Bruno Labbadia gehandelt.

Baumanns nächste Trainer-Entscheidung sollte allein schon wegen der prekären Lage der Bremer sitzen. «Natürlich ist das eine ganz, ganz schwierige Situation, die unterschätzen wir auf keinen Fall», sagte Baumann. «Das ist eine diffizile Entscheidung, weil wir in keiner Top-Situation sind und weil es die wichtigste Personalie in einem Bundesliga-Club ist.»

Diese Personalie könnte natürlich auch weiter Kohfeldt heißen. Der bisherige Coach des Bremer Drittligateams sieht eine große Chance am Freitag für das Team – und für sich. «In dieser Woche muss die Mannschaft eine Reaktion zeigen», forderte der 35-Jährige. «Ein, zwei taktische Änderungen» und «Überraschungen in der Aufstellung» soll es in Frankfurt geben.

Eine Entscheidung für oder gegen Kohfeldt soll es in der anstehenden Länderspielpause geben. Obwohl es bei Skripnik und Nouri mit der Beförderung vom Trainer der Reserve zu den Profis zumindest dauerhaft nicht klappte, würde Baumann dies wohl wieder wagen: «Er hat klare Vorstellungen davon, welchen Fußball er spielen lassen will. Er wird so oder so eine große Zukunft als Trainer haben.»

Die Chance besteht, diese schon am Freitag zu starten. Kohfeldt scheint dazu entschlossen. «Ich glaube, dass ich Dinge zielführend angehen kann», sagte der 35-Jährige forsch, aber nicht überheblich.

Fotocredits: Jörg Sarbach
(dpa)

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