Deutsche Beach-Girls bereit – Brasiliens Angst

Rio de Janeiro (dpa) – Wenn an der wohl attraktivsten olympischen Wettkampfstätte von Rio die ersten Bälle aus dem Sand gebaggert werden, gehen die Blicke auch noch einmal vier Jahre zurück.

In London hatte das deutsche Duo Julius Brink und Jonas Reckermann der Beachvolleyball-Nation Brasilien sensationell Gold entrissen. Nun gibt es für die Gastgeber der Olympischen Spiele 2016 an der legendären Copacabana nur ein Ziel: Revanche! «Die Menschen erwarten von uns den Olympiasieg», sagte Weltmeister Alison Cerutti. Ähnlich ist es bei den Frauen. Elf der 30 Medaillen hat Brasilien geholt, seit 1976 erstmals Beachvolleyball olympisch gespielt wurde: Rekord.

Olympiasieger Brink, der wie sein Partner Reckermann nach dem Triumph 2012 verletzungsbedingt seine Karriere beenden musste, traut einem deutschen Beach-Duo zu, den Brasilianern auch am Zuckerhut den Sieg zu verwehren. «Ja, das geht auf jeden Fall», sagte der 34-jährige Brink vor dem ersten Ballwechsel im 12 000 Fans fassenden Stahlrohr-Stadion, das sich am Abend im Atlantik spiegelt.

Die zweimaligen Europameisterinnen Laura Ludwig und Kira Walkenhost haben in diesem Jahr mit fünf Erfolgen in den internationalen Sandkästen bewiesen, dass sie bereit sind für den ganz großen Coup. «Das ist derzeit das beste Team der Welt», urteilte Brink, der als ARD-Experte die Spiele der Beach-Profis begleiten wird. Auch die brasilianischen Weltmeisterinnen Agatha und Barbara sowie ihre beim olympischen Turnier an Position eins gesetzten Teamkolleginnen Larissa und Talita haben 2016 schon gegen Ludwig/Walkenhorst verloren.

Die Wahl-Hamburgerinnen, seit vier Jahren ein Duo, wissen um die besondere Situation. «Olympia ist gar nicht mit anderen Turnieren zu vergleichen», betonte die 30 Jahre alte Ludwig vor ihrer bereits dritten Olympia-Teilnahme. Bisher stehen ein neunter und ein fünfter Platz mit ihrer ehemaligen Partnerin Sara Goller, verheiratete Niedrig, in der Bilanz. Jetzt soll es mehr werden.

«Natürlich ist es eine Drucksituation. Als Medaillenkandidaten zu Olympia anzureisen, ist auf der einen Seite super. Auf der anderen Seite ist es eine Situation, die sie so noch nicht kennen», bemerkte Brink. Ein Trumpf von Ludwig/Walkenhorst: Trainer Jürgen Wagner, in London «Goldschmied» von Brink/Reckermann, ist nun der Cheftrainer des stärksten deutschen Frauenduos.

Auch die Stuttgarterinnen Karla Borger und Britta Büthe rechnen sich einiges aus. «Sie stehen nicht so im Fokus wie Laura und Kira. Aber sie haben die Qualität, aus dem Windschatten heraus jedes Team zu schlagen. Sie gehören zum erweiterten Kreis der Favoriten und können durchaus um die Medaillen mitspielen», urteilte Olympiasieger Reckermann über die WM-Zweiten von 2013. Der einstige Blockspezialist Reckermann ist in Rio de Janeiro in journalistischer Mission für das ZDF unterwegs.

Dass Markus Böckermann und Lars Flüggen, die an der Copacabana als einziges deutsches Männerteam aufschlagen, in die Fußstapfen von Brink/Reckermann treten, ist eher unwahrscheinlich. Im Olympia-Ranking haben sich die Hamburger als Fünfzehntes und damit letztes Team die Qualifikation auf der Welttour gesichert.

«Sie haben es absolut verdient. Gerade sie hatte eigentlich niemand auf dem Schirm», bemerkte Reckermann. «Aber normalerweise haben Böckermann/Flüggen nichts mit der Medaillenvergabe zu tun. Platz fünf oder neun wäre realistisch. Aber man weiß ja nie.» Am Samstag müssen die Olympia-Neulinge gegen die starken Polen Bartosz Losiak und Piotr Kantor als erstes deutschen Duo in den berühmten Sand der Copacabana.

Fotocredits: Sebastian Kahnert

(dpa)
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