Dunks und Komplettaussetzer: DeAndre Jordan als X-Faktor

Rio de Janeiro – Carmelo Anthony? In Rio de Janeiro kann der Superstar als erster Basketballer sein drittes Olympia-Gold holen. Kevin Durant? Einer der fünf besten Spieler der Welt. Aber DeAndre Jordan?

Bei der Analyse des 82:76 im Halbfinale über Dauerrivale Spanien kam US-Coach Mike Krzyzewski auf einen eigentlich überraschenden Kandidaten für die Kür als wertvollster Akteur.

«Er hat ein großartiges Spiel gemacht, nicht ein gutes», schwärmte der Erfolgstrainer über seinen Center vor dem Finale gegen Serbien am Sonntag. «Wir würden nicht um Gold spielen, wenn DeAndre nicht so ein großartiges Spiel gemacht hätte.»

Der 2,11-Meter-Hüne steht stellvertretend für den neuen Stil der Amerikaner. Die Dominatoren der vergangenen Jahre zaubern nicht mehr ausschließlich, sondern arbeiten auch Basketball.

Freunde spektakulärer Aktionen preisen Jordan für seine krachenden Dunks und beeindruckenden Blocks. Kritiker verweisen auf eine unterirdische Freiwurfquote von gut 40 Prozent und den Fakt, dass der NBA-Profi der Los Angeles Clippers lediglich direkt am Ring zuverlässig punkten kann.

Zudem hat Jordan immer wieder Komplettaussetzer. Gegen Spanien lief er alleine auf den Korb zu und vergab unbedrängt die Chance auf einfache zwei Punkte durch einen Schrittfehler, dem jedem Jugendspieler peinlich gewesen wäre. Abseits des Parketts erregte Jordan vor dem Turnier in Rio für Aufsehen, als er mit mehreren Teamkollegen in einem Bordell landete – und sich vorgeblich in einem Spa wähnte.

Doch gegen Spanien zeigte Jordan seine sportliche Qualität als X-Faktor für sein Team. Sein direkter Gegenspieler Pau Gasol war mit 23 Punkten zwar bester Werfer der Partie. Dennoch wurde der spanische Anführer in seinen Aktionen zumindest doch so weit limitiert, dass die Iberer wie schon in den Olympia-Finals 2008 und 2012 unterlagen. «Pau ist ein großartiger Spieler, niemand kann ihn endgültig stoppen – aber er hat es ihm schwer gemacht», lobte Krzyzewski. «Seine Aktivität schlägt sich nicht in Statistiken wieder. Er ist so ein guter Teamkollege. Es ist so einfach mit ihm zu spielen.»

Mit diesen Fähigkeiten arbeitete sich Jordan in die US-Startformation. Mit einem Schnitt von 7,9 Punkten pro Partie ist er nur siebtbester Werfer seines Teams in Rio, holt jedoch die meisten Rebounds und Blocks der USA. «Ich habe einen Job: rauskommen und mit so viel Energie spielen wie es geht, Schüsse blocken und rebounden. Ich bin es gewohnt, dass zu tun – das macht mich stolz», sagte Jordan auf dem Podium der Pressekonferenz der Carioca-Halle.

Mit leicht vorgeschobenen Schultern schiebt er sein offenes, etwas kindliches Lachen unter den kurzen Locken hinterher. Kaum vorstellbar, dass man diesem sanften Riesen böse sein kann. Und doch war Jordan im vergangenen Sommer der meistverhasste Spieler bei Fans der Dallas Mavericks. Mündlich hatte der Center dem Club von Dirk Nowitzki schon seine Zusage zu einem Wechsel gegeben – und machte unter dem Druck seiner bisherigen Teamkollegen aus LA dann doch noch einen Rückzieher. Warum sich diese so für Jordan stark machten, zeigt er spätestens in Rio.

Fotocredits: Larry W. Smith
(dpa)

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