Risiko im Verkehr? Senioren hinter dem Steuer

Wiesbaden – Immer wieder erregen schwere Verkehrsunfälle von hochbetagten Autofahrern großes Aufsehen – und sorgen zuweilen auch für Grundsatzdiskussionen. Sind ältere Verkehrsteilnehmer ein Sicherheitsrisiko?

Sollten sie ab einem gewissen Alter oder bei gesundheitlichen Problemen ihre Fahrtauglichkeit nachweisen? Womöglich mit verpflichtenden Tests? Fragen und Antworten zum Thema.

Verursachen alte Menschen häufiger Verkehrsunfälle als jüngere?

Nach einem Bericht des Statistischen Landesamtes in Hessen verschulden sehr alte Verkehrsteilnehmer häufiger Unfälle als etwas Jüngere. Im vergangenen Jahr wurden 1207 Unfälle von Menschen verursacht, die 75 oder älter sind. Bei den Menschen von 70 bis 74 waren es nur 653 und bei denen, die zwischen 65 und 69 Jahre alt sind, waren es 666. Männer verursachen häufiger Unfälle als Frauen.

Wie ist die Lage bundesweit betrachtet?

Ulrich Klaus Becker, ADAC-Vizepräsident für Verkehr, sagt: «Autofahrer über 65 Jahre sind lediglich in 13 Prozent aller Fälle Verursacher eines Unfalls mit Personenschaden. Bei einem Bevölkerungsanteil von 20 Prozent liegen Senioren damit weit unter dem Schnitt anderer Altersgruppen.» Die Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen ist – mit einem Bevölkerungsanteil von 7,7 Prozent – dagegen in 17,4 Prozent aller Fälle Unfallverursacher. Dies geht aus einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden hervor.

In welcher Hinsicht sind ältere Fahrer den jüngeren im Vorteil?

ADAC-Vizepräsident Becker erklärt: «Ältere Verkehrsteilnehmer besitzen lebenslange Erfahrung am Steuer. Altersbedingte Leistungseinbußen können sie durch Besonnenheit und Ruhe wettmachen.» Der ADAC beobachtet, dass Ältere mehr Routine haben, der Situation angepasst und vorausschauend fahren und riskante Fahrmanöver meiden.

Was empfehlen Experten älteren Fahrern, um Risiken zu begrenzen?

Der ADAC sagt: Jeder Fahrer sollte durch Aufklärung und Information in seiner Eigenverantwortung gestärkt werden. Um sicherzustellen, dass eine Fahreignung besteht, sollte jeder Fahrer bei Zeiten das Gespräch mit seinem Arzt suchen. Im Gegenzug sollten Mediziner ihre Patienten über erkrankungs- und behandlungsbedingte Einschränkungen ihrer Fahreignung aufklären. Im Zweifelsfall sollten Patienten an einen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation weitergeleitet werden. Ein Alarmsignal für ältere Fahrer sollte nachlassendes Sehrvermögen sein. Auch auf Beeinträchtigungen durch Medikamente sollte geachtet werden.

Was können ältere Fahrer eigenverantwortlich tun?

Bereits beim Kauf sollte man darauf achten, dass das Fahrzeug eine gute Rundumsicht gewährt. Der ADAC bietet dazu Beratungen an. Im Programm «Fit und Mobil» wurden Automodelle auf Rundumsicht und besondere Seniorentauglichkeit geprüft. Denn: Laut der Unfallforschung ereignet sich jeder dritte Crash mit beteiligten Fahrern ab 65 Jahren an Einmündungen oder Kreuzungen. «Empfehlenswert sind darüber hinaus auf ältere Menschen zugeschnittene Fahrsicherheitstrainings», empfiehlt Cornelius Blanke vom ADAC Hessen-Thüringen in Frankfurt. Zudem bieten moderne Fahrassistenzsysteme Unterstützung. Hilfe bietet auch das Präventionskonzept «Maximal mobil bleiben – mit Verantwortung».

Warum hängen alte Menschen so am Führerschein?

Für sie ist das Auto ein Mittel der Teilhabe, insbesondere in ländlichen Gebieten. Mit dem Auto kommen sie zum Einkaufen, zum Arzt, zu Familienangehörigen, Freunden oder zu kulturellen Veranstaltungen. Deswegen sagt auch ADAC-Sprecher Blanke: «Mobilität wird für Senioren auf dem Land zum Problem.» Eine Studie zu den Mobilitätsmöglichkeiten älterer Menschen im ländlichen Raum zeigt, dass es bislang keine zufriedenstellenden Alternativen zum Pkw gibt. Damit bleibe das Auto vorerst das beherrschende Verkehrsmittel.

Fotocredits: Felix Kästle
(dpa)

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