Anglizismen everywhere?

An sich war ich auch schon bisher kein großer Freund von den zahlreichen Anglizismen, die unsere Sprache nicht nur bereichern, sondern – und dass nicht nur nach meiner eigenen Beobachtung – die deutsche Sprachlandschaft allmählich schon durchseuchen… Viele haben sich fast unmerklich eingebürgert, sind und nun wirklich unmerklich in Fleisch und Blut übergegangen wie die Angewohnheit davon zusprechen, das etwas „Sinn macht“, eine Lehnübersetzung von „making sense“ anstatt der deutschen und korrekten Form Sinn ergeben oder „sinnvoll sein“. Damit habe ich auch kein Problem.
Aber heute morgen war es dann einfach zu viel: Hätte ich eine Spraydose dabei gehabt, ich wäre vor laufenden Überwachungs-Kameras zum politischen Überzeugungstäter geworden und hätte das Schild geschwärzt, überlackiert, um gespritzt – und nein, ich hätte natürlich nicht gesprayt!!!
Auf dem Bahnsteig des S-Bahnhofes prangte Din-A4-groß und gut zuerkennen am Aufzug der Knopf, den man drückt, um den Fahrstuhl zu rufen. Sogar ein vierjähriges Kind versteht dass, ohne dafür eine bebilderte Anleitung oder gar einen Text zu brauchen…. Nur war aber jemand des S-Bahn-Design-Abteilung wohl der Meinung, eine so große und prominente Fläche dürfe man nicht ungenutzt lassen und beschriftete sie großbuchstabig mit dem unsäglichen Ausdruck

„TOUCH-POINT“!

Bitte was??? Ein „Berührungs-Punkt“ auf öffentlichen Bahnanlagen?
Was soll ich dort? Wenn es im Sinne von „Meeting-point“ gedacht ist und ich dort andere Menschen berühren soll, finde ich das wenig passend.
Kommen nach den Raucherzonen nun die „Schmuse-Zonen“?
Will man mir nicht doch eher sagen, dass man mich dort berühren will? Ist zum Glück auch nicht passiert, ich habe es 120 Sekunden lang getestet. Bis ein Nutzer des Fahrstuhls kam, der drücket die überdimensionale Taste und siehe da- einzige Wirkung war, dass der Fahrstuhl seine Tür öffnete. „Touching“, also „berührend“, „anrührend“ oder gar „herzergreifend“, wie man das wohl am besten übersetzt, fand ich das nun gar nicht, der Fahrstuhlfahrer übrigens offensichtlich auch nicht.
Ich sorge mich seit heute morgen ernsthaft um die geistige Gesundheit der S-Bahnhofs-Designer und derjenigen, die so etwas widerspruchslos produzieren. Oder sind da die gleichen denglsichen Genies am Werk wie bei der Deutschen Bundesbahn, die für ihren Wust an schlechten und unnötigen Übersetzungen im Mix mit ungeschickten Pseudo-Englischen Wort-Neu-Schöpfungen schon reichlich Schelte einstecken musste?

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