Boom für Mitfahrgelegenheiten-Apps

Hannover – Seit Anfang des Jahres hat Ulla fast jeden Morgen eine feste Verabredung: Dann trifft sie eine Kollegin, die ein paar Kilometer entfernt von ihrem Wohnort bei Hannover lebt.

Beide fahren mit dem Auto in wenigen Minuten zu einem Treffpunkt, danach steigt eine von ihnen um, und es geht eine halbe Stunde zu zweit weiter bis zur Arbeit. Warum sie das macht? «Ich will im Grunde die Welt retten», sagt die 57-Jährige und lacht leise. Sie will die Umwelt schützen. Dass sie dabei Geld spart, sei ein netter Nebeneffekt.

Rund 50 000 Pendler gibt es laut den jüngsten Erhebungen des Bundesministeriums für Verkehr aus dem Jahr 2012. Darunter sind nicht nur Erwerbstätige, sondern auch Schüler und Studenten. Die Tendenz ist steigend. Während die Kontakte früher zumeist über Schwarze Bretter und anschließende Telefonate zustande kamen, unterstützen heute Internetportale wie flinc, Blabla-Car oder fahrgemeinschaft.de die Bildung von Mitfahrgelegenheiten.

Über Apps ist die Suche auch per Smartphone und Tablet möglich. So können Nutzer auch unterwegs gucken, wie sie per Mitfahrgelegenheit weiterkommen oder spontan ein Angebot einstellen. Mitfahrer zahlen dafür eine Vermittlungsgebühr, bei manchen Angeboten werden so auch gleich die Fahrtkosten abgerechnet.

«Durch mobile Endgeräte und Webtechnik wurden Fahrgemeinschaften auf eine andere Ebene gehoben. Es ist schicker geworden», sagt Frank Dalock. Der Inhaber einer Lüneburger Internetagentur hatte die Idee für die Plattform
Pendlerportal.de. Hier zahlen nicht die Mitfahrer, sondern auch Kommunen und Unternehmen, die so ihren Bürgern oder Mitarbeitern helfen, Fahrgemeinschaften zu gründen.

«Zu Beginn stand bei uns der Berufspendler im Fokus», erläutert Dalock. Inzwischen werden auch Wochenendfahrten oder einmalige Reisewege vermittelt. 250 Lizenzen für Städte, Gemeinden und Unternehmen hat Dalock bislang bundesweit verkauft. Er sieht das Angebot als Ergänzung zu Bus, Bahn und anderen Verkehrsangeboten.

In manchen Städten, beispielsweise in Osnabrück, wird an Apps gearbeitet, über die Nutzer individuell nach dem schnellsten und günstigsten Verkehrsweg zum jeweiligen Ziel suchen können. Egal ob es ein Angebot der Shared Mobility ist, der Bus, das Fahrrad oder auch das private Auto.

Soll es ein Nichtraucherauto sein? Oder fährt der Nutzer lieber mit Frauen als mit Männern? Auch das kann bei Online-Portalen gewählt werden. «Es ist unkompliziert, schnell und spontan», sagt Ole Kamm vom
Verkehrsclub Deutschland. Die Gesuche würden sofort abgeglichen, auch der Zustieg entlang der Strecke werde geprüft. Allerdings sei die Vermittlung weitgehend anonym, wie sicher ein Fahrer fährt, sei oft nicht zu ermitteln. Und: Kostenpflichtige Portale seien verbindlicher.

Die in der Nähe von Hannover lebende Ulla hat bereits mehrere Fahrgemeinschaften genutzt. Sie arbeitet als Medizinisch-Technische Assistentin bei einem Blutspendedienst, für den sie Blutproben und medizinische Geräte transportiert. Da könne sie nicht einfach alles liegen lassen, auch wenn die Rückfahrt mit der Kollegin verabredet ist. Die beiden Frauen warten dann auch mal aufeinander. «Denn ich finde einfach blöd, dass so viele Leute allein in ihren Autos sitzen», meint Frieler.

Fotocredits: Philipp Schulze
(dpa)

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