Claudio Pizarro: Leiser Abschied von Werder Bremen?

Bremen (dpa) – Für den erfolgreichsten ausländischen Torjäger der Bundesliga-Geschichte scheint bei Werder Bremen kein Platz mehr zu sein.

Bei den Leistungstests des Fußball-Bundesligisten, die am Donnerstag begannen, fehlte Claudio Pizarro. Das 38 Jahre alte Club-Idol wurde wegen seines am Freitag auslaufenden Vertrages nicht eingeladen. Auch die am Mittwoch vorgestellten neuen Trikots sind schon nicht mehr mit dem Namen des beliebten Peruaners erhältlich.

Sollte nicht noch ein Wunder passieren, und sich Pizarro und der Club bis dahin auf einen neuen Kontrakt einigen, fehlt der Stürmer am Sonntag auch beim Trainingsauftakt der Bremer. Eine der über fast zwei Jahrzehnte lang prägendsten Figuren der Bundesliga droht ein gemessen an seinen Leistungen viel zu glanzloser und vor allem stiller Abschied von der großen Bühne. «Claudio ist immer ein guter Spieler, aber es muss im Gesamtkontext passen», sagte Werders Sportchef Frank Baumann zuletzt zur Haltung des Clubs.

190 Tore schoss Pizarro für Werder und den FC Bayern München – so viele wie kein anderer ausländischer Profi in der Bundesliga seit 1963. Doch das Schlitzohr ist in die Jahre gekommen, das war in der vergangenen Saison unübersehbar. Werders Trainer Alexander Nouri setzt auf jüngere, fittere Spieler. «Wir müssen an die Zukunft denken», erläuterte Baumann und sagte zuletzt in der «Sportbild» mit Blick auf die vermeintlich harte Entscheidung Nouris: «Alex hat sich nicht geändert. Er hat auch in der vergangenen Saison harte Entscheidungen getroffen.»

Sportlich ist es dabei allerdings durchaus nachvollziehbar, dass Nouri nicht mehr mit dem Oldie plant. Pizarro, der Werder nach seinem dritten Dienstantritt nach 1999 und 2008 in Bremen in der Saison 2015/2016 noch mit 14 Toren vor dem Abstieg bewahrte, fiel in der vergangenen Saison ab. Sein insgesamt 104. Treffer für Werder am 10. März gegen Leverkusen war das einzige Tor des immer verletzungsanfälligeren Peruaners in der Spielzeit 2016/2017 mit nur noch 19, meist kurzen, Einsätzen.

Viel mehr als Nouris Haltung zum Routinier verwundert die Hängepartie um den Fan-Liebling nach dessen immensen Verdiensten für den Club. Dass Ende der Karriere zumindest in Bremen ist zwar wahrscheinlich, aber noch keinesfalls endgültig. «Wir sind im guten Austausch. Es gibt da keinen Konflikt», sagt Baumann standardmäßig zu dem Thema.

Es ist theoretisch denkbar, dass Pizarro doch noch einmal einen Vertrag bei Werder unterschreibt. Dann nämlich, wenn Baumann bis zum 31. August keinen neuen Stürmer mehr findet oder sich die Personalsituation im Angriff aus anderen Gründen noch einmal ändert. Im Kader stehen etwa auch noch Aaron Johannsson oder Lennart Thy – beides auch Wechselkandidaten, aber eben noch mit Vertrag.

Noch im Mai hatte Pizarro gesagt, «mindestens ein Jahr» noch und dazu «am liebsten in Deutschland» spielen zu wollen. «Werder hat für mich oberste Priorität», sagte der Peruaner dazu. Bis sich dieser Wunsch eventuell erfüllt, muss sich Pizarro gedulden. Und das lange – möglicherweise mindestens zwei Monate lang, in denen er sich selbst fit halten muss. Die Zeit spielt dabei nicht gerade für einen, der in der vergangenen Saison wegen muskulärer Probleme im Rücken und im Oberschenkel ständig fehlte.

Dass Werder in der Not vielleicht doch noch mal auf Pizarro zurückkommt, könnte allerdings dann auch zum Konflikt werden. Der frühere Torjäger will eigentlich auf höchstem Niveau zum Kader gehören – als Startelf-Kandidat. Nach den aktuellen Eindrücken und einer wohl weitestgehend verpassten Vorbereitung mit den Kollegen ist allerdings derzeit nicht denkbar, dass Nouri dies im Fall der Fälle dann auch so sieht. Wahrscheinlicher ist derzeit ein leiser Abschied für einen der besten Stürmer der Bundesliga-Geschichte.

Fotocredits: Carmen Jaspersen

(dpa)
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