«Ein gebrauchter Tag»: VfB zu naiv für den Abstiegskampf?

Mainz/Stuttgart – So offen regiert nur ganz selten ein Sportvorstand in den Arbeitsbereich seines Trainer hinein.

«Wir müssen uns in dieser Woche zusammensetzen, um uns taktische und spielerische Änderungen zu überlegen», sagte Michael Reschke nach dem 2:3 (1:1) des VfB Stuttgart beim Abstiegskampf-Konkurrenten Mainz 05.

Der Trainer der Schwaben heißt zumindest noch Hannes Wolf und hat nach diesem Spiel nur wenige Argumente, um sich einem solchen Gespräch zu entziehen. Denn für einen beinahe beängstigend schwachen VfB ging an diesem Wochenende alles schief, was schiefgehen konnte: Der bekannteste Spieler (Mario Gomez) musste verletzt ausgewechselt werden, der teuerste Spieler (Chadrac Akolo) durfte gar nicht erst mitspielen. Die Stuttgarter Leistung nannte selbst Wolf «die wahrscheinlich schwächste in dieser Saison». Und ein Rivale im Kampf um Platz 15 der Fußball-Bundesliga wurde auch wieder aufgebaut.

«Das war ein gebrauchter Tag», meinte Reschke. Und wie zur Krönung fiel ihm am Abend noch ein Thema auf die Füße, das in seinen ureigenen Arbeitsbereich gehört: die neuen Torjäger-Qualitäten des Simon Terodde. Für rund drei Millionen Euro verkaufte der VfB den Stürmer in der Winterpause an den 1. FC Köln. Seinem neuen Verein bescherte Terodde mit drei Toren in zwei Spielen gleich sechs Punkte.

Zumindest vordergründig steht der VfB nun dumm da, weil Reschke am Samstag bestätigte, über die Verpflichtung eines weiteren Angreifers nachzudenken. «Wir beschäftigen uns damit», sagte der 60-Jährige. «Wir sind immer in der Pflicht, uns Gedanken zu machen.» Die Personalplanung des Tabellen-14. war schon vor der Saison heikel, weil in Jan Schindelmeiser und Reschke gleich zwei Sportvorstände dafür verantwortlich waren. Jetzt ist sie durch die große Offensivschwäche erneut zu einer Herausforderung geworden.

Immerhin: Die Fußverletzung des großen Hoffnungsträgers Mario Gomez scheint keinen langen Ausfall zur Folge zu haben. «Der Fuß scheint gestaucht zu sein, die Bänder sind aber wohl intakt», sagte Wolf. Und auch der Sechs-Millionen-Einkauf Akolo wird nach dem vorübergehenden Entzug seiner Spielgenehmigung bereits am nächsten Samstag beim Heimspiel gegen den FC Schalke 04 wieder dabei sein.

Trotzdem ist nach fünf Niederlagen in den vergangenen sechs Bundesliga-Spielen offensichtlich, dass dieser Mannschaft einige für den Abstiegskampf besonders wichtige Tugenden fehlen: die Durchschlagskraft, die Wettkampfhärte. «Ohne Biss und keinen Punch», titelte die «Stuttgarter Zeitung». Alles, was der VfB auf dem Spielfeld tut, ist gut gemeint, entfaltet aber keinerlei Wucht.

Reschke kritisierte das in schonungsloser Weise. «Die Mainzer waren uns in allen Belangen überlegen», sagte er. «Sie waren torgefährlicher, zweikampfstärker, aggressiver und willensstärker.» Zweimal Yoshinori Muto (45.+2/54.) sowie Gerrit Holtmann (64.) gaben die Antwort auf die früher Stuttgarter Führung durch Holger Badstuber (19.). Das 2:3 durch Daniel Ginczek (90.+1) fiel zu spät.

Die Posse um Akolo war da bloß die Bestätigung der Stuttgarter Naivität mit anderen Mitteln. Der 22-jährige Dribbler aus der Demokratischen Republik Kongo war im Sommer vom FC Sion zum VfB gewechselt und hatte nach Angaben des Vereins zunächst nur eine erste Aufenthaltsgenehmigung erhalten, die am Freitag ablief. Der Verein bestätigte der Deutschen Fußball Liga bereits im August die Verlängerung dieses Papiers, doch diese Bestätigung kam bei der DFL nie an. Das alles fiel den Stuttgartern erst zwei Stunden vor dem Anpfiff auf, als sie Akolo in einen elektronischen Spielberichtsbogen eintragen wollten, aber nicht konnten. Denn ohne vorliegende Aufenthaltsgenehmigung gibt es von der DFL keine Spielberechtigung. «Sehr ärgerlich», sagte Reschke. «Das passte zu diesem Tag.»

Fotocredits: Thomas Frey
(dpa)

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