Instinktfußballer Bailey auf der Suche nach der Leichtigkeit

Nikosia – Erst verzückte Leon Bailey als Shootingstar die Bundesliga, nun ist er einer der Verlierer der bisherigen Saison: Das Ausnahmetalent des Fußball-Bundesligisten Bayer Leverkusen ist der Fußball-Welt zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit ein Rätsel.

Gut gelaunt kam Bailey zum Flughafen Köln/Bonn, um mit Bayer zum letzten Europa-League-Gruppenmatch aufzubrechen. Er scherzte mit den Mitspielern. Doch man muss wohl sagen: Er ist dabei, weil es das B-Team ist. Denn während sein Umfeld – allen voran sein Stiefvater – Bailey auf dem Weg zu einem der besten Spieler der Welt sieht, ist der 21-Jährige beim Tabellen-Elften nicht einmal mehr Stammspieler. Zwischen dem fünften und 14. Spieltag stand er nie in der Startelf. Acht Stammspieler haben nun wegen hoher Belastung eine Pause bekommen. Bailey nicht.

Rudi Völler glaubt weiter an ihn. «Das gibt es doch oft bei jungen Spielern, dass sie nach einem Raketenstart in ein kleines Tief fallen», sagte der Sportchef der Deutschen Presse-Agentur: «Manchmal ist die Erwartungshaltung so hoch, dass man denkt, man müsse jede Woche ein Tor machen. Da hilft: Augen zu und durch und immer weiter. Das tut Leon, er ist ein guter Junge.»

Doch vielen scheint der Flügelspieler aus Kingston fremdgesteuert. Als einer, dem der Kopf verdreht wurde. Und der darüber in nur einem Jahr fast alles verloren hat, was ihn im Vorjahr ausmachte. Im vergangenen Herbst war Bailey für die meisten Experten der beste Spieler der gesamten Bundesliga. Zwischen Ende September 2017 und Ende Januar 2018 erhielt er in 15 Pflichtspielen in Folge im Fachblatt «Kicker» die Note 2,5 oder besser.

In der gesamten Saison 2018/19 bekam er noch nie eine bessere Bewertung als 3,0. Weil von seiner Spielfreude, seinem Trickreichtum, seiner Effizienz, der Leichtigkeit, dem Selbstvertrauen und seinem Gefühl für die Situation derzeit wenig übrig sind. Vor allem letzteres hält der neue Sportdirektor Simon Rolfes für entscheidend. «Leon ist ein Instinktfußballer, der es liebt, intuitiv Sachen zu machen», sagt Rolfes. Man dürfe «nicht erwarten, dass das von jetzt auf gleich passiert. Sondern er muss sich Stück für Stück rauskämpfen.»

Viele Beobachter sind der Meinung, Bailey müsse vor allem sein Umfeld ordnen. Stiefvater und Berater Craig Butler hat die Karriere minuziös geplant und würde seinen Sohn wohl lieber heute als morgen bei einem großen Verein sehen. An der Gerüchtebörse kursierten spekulative Ablösesummen von bis zu 100 Millionen Euro für den im Januar 2017 für rund 14 Millionen von Leverkusen aus dem belgischen Genk verpflichteten Dribbler. Als Bailey zum Bankdrücker wurde, platzierte «eine Quelle nahe des Spielers» öffentlich Wechselabsichten für den Winter. Mit den Worten: «Leon ist 21 und auf dem Weg, einer der besten Spieler der Welt zu werden. Aber von der Bank aus kann er das nicht werden.»

Dass er dort häufiger sitzt, liegt auch in Episoden wie der mit Jamaikas Nationalmannschaft begründet. Mitte Oktober wollte Bailey nach langem Zaudern sein Debüt für sein Heimatland geben. Er flog aber unverrichteter Dinge wieder nach Hause. Berichten aus Jamaika zufolge soll er eine Garantie gefordert haben, dass auch sein Bruder eingesetzt werde. Bailey und Butler mussten bei der Vereinsspitze zum Rapport.

Der FC Bayern, AS Rom, der FC Chelsea oder der von Jürgen Klopp trainierte FC Liverpool, mit denen Bailey im Sommer in Verbindung gebracht wurde, werden all das aufmerksam verfolgen. Denn auch sie wissen: Hier muss ein übermäßig talentierter Spieler aufpassen, dass er seine Karriere nicht wegwirft.

Fotocredits: Federico Gambarini
(dpa)

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