Nach London-Pleite: Silberne Karsch nimmt Druck

Rio de Janeiro – Der große Druck ist dank der Silbermedaille von Monika Karsch erst einmal weg.

Vier Jahre nach der historischen Pleite in London, wo der Deutsche Schützenbund (DSB) erstmals seit 1964 ohne Olympia-Medaille blieb, gab es Riesenjubel auf der Schießanlage in Deodoro – und entspannte Gesichter. «Ich bin sehr erleichtert, die erste Olympia-Medaille seit acht Jahren», meinte DSB-Sportdirektor Heiner Gabelmann.

Er hatte nach der London-Schmach alles auf dem Kopf gestellt. Erst wurde der Generationenwechsel konsequent eingeleitet, dann die Trainerstellen teilweise neu besetzt. Die Stützpunktarbeit wurde forciert und die wenigen Talente mit einem verbesserten Athletenmanagement behutsam an die Spitze herangeführt. «Jetzt ist der große Druck vom Team erstmal weg. Natürlich hat jeder Starter in seiner Disziplin seinen eigenen Erfolgsdruck auszuhalten. Aber die Medaille von Monika war schon enorm wichtig», betonte Gabelmann.

Nun müssen die Mitfavoriten liefern. Barbara Engleder, die zum Auftakt die Medaille nur hauchdünn verpasst hatte, hatte an diesem Donnerstag die nächste Chance in ihrer Spezialdisziplin Sportgewehr im Dreistellungskampf. Auch die Gewehrschützen Henri Junghänel und Daniel Brodmeier rechnen sich im Liegendwettbewerb am Freitag mehr als Finalchancen aus. «Der Henri liebt solche Drucksituationen, das hat er schon oft bewiesen», sagte Teamkollege Julian Justus über den «Weltschützen des Jahres 2013».

Zwei, die wie Pech und Schwefel zusammenhalten, sind die Schnellfeuerschützen Christian Reitz und Oliver Geis. Die Kumpels sind zusammen mit Trainer Detlef Glenz eine eingeschworene Truppe. «Meine Jungs wissen, was sie können und was sie tun. Christian gehört mit zu den routiniertesten Athleten im ganzen Weltcup-Zirkus. Oli ist die Kampfsau, wie so ein Kettenhund, den ich loslassen muss», meinte Glenz. Und er weiß vor den Wettbewerben am Freitag und Samstag genau: «Nervenflattern bekommen sie nicht.» Für den Bundestrainer wäre es eine Enttäuschung, wenn beide nicht ins Finale kommen würden. «Mein Ziel ist das Finale der ersten Sechs, dann ist alles möglich», sagte Geis. Reitz will nach Bronze in Peking unbedingt eine andere Farbe, «vor allem eine, die ich nicht habe, am liebsten die Goldmedaille.»

Und dann ist da noch die Grand Dame des Skeetschießens: Christine Wenzel. Die 35 Jahre alte Sportsoldatin aus Ibbenbüren verkörpert diesen Sport wie kaum eine andere. Von 2007 bis 2013 gewann sie vier WM-Titel in Serie. «Ich bin mir sicher, dass Christine Wenzel die Form findet, die sie zu vier WM-Titeln geführt hat», sagte Sportdirektor Gabelmann vor dem Auftritt der Europameisterin am Freitag.

So etwas wie ein Geheimfavorit könnte André Link aus Pforzheim sein. Der erst 21 Jahre alte Olympia-Debütant gilt als Senkrechtstarter, gewann im Vorjahr den Weltcup in München, nachdem er ein Jahr zuvor Junioren-Weltmeister war. «Je härter der Wettkampf ist, desto mehr kann der Kerl», meinte sein Trainer Helmut Hoffmann. Er selbst strotzt vor Selbstbewusstsein: «Für viele der Schützen, für die ein Weltcup nichts Besonderes mehr ist, wird Olympia ein mit viel Stress verbundener Wettkampf. Dadurch werden meine Chancen etwas besser.»

Fotocredits: Armando Babani
(dpa)

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