NPD: Klage gegen Bundespräsident Joachim Gauck

Darf Bundespräsident Joachim Gauck die NPD als „Spinner“ bezeichnen? Diese Frage beschäftigt zurzeit das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Nun fand die mündliche Verhandlung statt – die Verfassungsrichter scheinen Verständnis für das Staatsoberhaupt zu signalisieren.

„Wir brauchen Bürger, die auf die Straße gehen und den Spinnern ihre Grenzen aufweisen (…)“

Am 29. August vergangenen Jahres, die Bundestagswahlen stehen kurz vor der Tür, trifft Bundespräsident Joachim Gauck im Berliner Stadtteil Kreuzberg in einem Oberstufenzentrum auf rund 400 Jugendliche. Sie unterhalten sich über die anstehenden Bundestagswahlen und Gauck unterstreicht, wie wichtig die Abgabe der Stimme für das demokratische Grundprinzip der Bundesrepublik Deutschland ist.

Doch nicht nur das ist Thema unter den Jugendlichen. Es geht auch um die Proteste im Stadtteil Hellersdorf. Bürger protestieren und randalieren gegen ein Flüchtlingsheim – vorne dabei, die NPD. Die Demonstrationen gehen so weit, dass die ersten Asylbewerber nur mit Polizeischutz und durch die Hintertür ihr Übergangsheim beziehen können. Und nun fällt von Gauck der Satz, über den die Verfassungsrichter am vergangenen Dienstag (25.02.2014) urteilen müssen: „Wir brauchen Bürger, die auf die Straße gehen und den Spinnern ihre Grenzen aufweisen. Dazu sind Sie alle aufgefordert.“ Hat Gauck mit dieser Aussage seine parteipolitische Pflicht zur Neutralität verletzt und inwieweit gilt die Meinungsfreiheit für unseren Bundespräsidenten?

Was darf ein Bundespräsident sagen?

Für die NPD liegt es auf der Hand: Der Bundespräsident hat durch seine Aussage Artikel 21 des Grundgesetzes verletzt, der die Chancengleichheit von Parteien bei Wahlen garantiert und dabei seine Pflicht zur parteipolitischen Neutralität nicht eingehalten. Nun strebt die Partei in Karlsruhe ein Organstreitverfahren gegen den Bundespräsidenten an.
Die Richter müssen entscheiden, inwieweit das Staatsoberhaupt sich in der Öffentlichkeit äußern darf. „Der Bundespräsident muss und darf sagen, was ihm wichtig ist, auch wenn er damit im Gegensatz zu einer politischen Partei steht“, so Gaucks Prozessvertreter Joachim Wieland in der mündlichen Verhandlung. Der Präsident schützt die deutsche Verfassung. „Wo diese Werte angegriffen werden, kann er nicht neutral sein.“ Darüber hinaus ist überhaupt zu klären, ob Gauck mit seiner Aussage konkret die NPD als „Spinner“ bezeichnete oder allgemein die Demonstranten gegen das Asylbewerberheim. Eine wichtige Frage für die Richter.

Was macht eigentlich der Bundespräsident?

Eine Klage gegen das Staatsoberhaupt

Mit Rückblick auf die Erfahrungen aus der Weimarer Republik haben die Väter und Mütter des Grundgesetzes die Befugnisse des Staatsoberhauptes primär auf repräsentative Aufgaben reduziert. Hat Gauck diese Befugnisse überschritten und wie frei darf unser Bundespräsident zu tagespolitischen Themen Stellung nehmen? Fragen, über die sich die Verfassungsrichter nun Gedanken machen müssen. Zum jetzigen Zeitpunkt scheint es, als würden die Richter Verständnis für Gauck zeigen. Eine Rüge gegen den Bundespräsidenten wäre in der deutschen Geschichte ein absolutes Novum. Mit einer Entscheidung wird in einigen Monaten gerechnet.

Foto: Kleinschmidt / MSC [CC-BY-3.0-de], via Wikimedia Commons

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