Nur nicht wieder Abstiegsangst: Frankfurt und der Umbruch

Frankfurt/Main – Der große Wandel bei Eintracht Frankfurt zeigt sich nicht nur beim Blick auf das Mannschaftsfoto. Man kann ihn auch hören, Woche für Woche. «Wir dürfen nicht anfangen, zu träumen», hat der neue Sportvorstand Fredi Bobic während der Saisonvorbereitung gleich mehrfach gesagt.

Vor genau einem Jahr hieß es unter dem damaligen Trainer Armin Veh noch: «Ich möchte ein bisschen träumen können.» Passend dazu hat der Torwart Lukas Hradecky die Zeit unter Veh mal als «ein bisschen entspannter» beschrieben. Dem neuen Trainer Niko Kovac ist dagegen vor allem eines wichtig: «Es darf nicht passieren, dass hier eine Wohlfühloase entsteht.»

Vor nicht einmal drei Monaten wäre der frühere UEFA-Cup-Sieger beinahe aus der Fußball-Bundesliga abgestiegen. Und «damit nicht noch einmal passiert, was in der letzten Saison passiert ist» (Kovac), hat sich die Eintracht in der Sommerpause völlig neu aufgestellt. Bobic als starker Mann ist neu, Umgangston und Erwartungshaltung sind es auch. Vor allem aber hat die Mannschaft ein anderes Gesicht bekommen. Acht neu verpflichteten Spielern stehen elf Abgänge gegenüber.

«Ich glaube, dass wir gut vorbereitet und gewappnet sind», sagte Kovac am Sonntag nach dem 3:1 (1:0)-Sieg im letzten Testspiel gegen den spanischen Europa-League-Teilnehmer Celta Vigo. An den beiden kommenden Wochenenden geht es dann zunächst im DFB-Pokal zum 1. FC Magdeburg und dann zum Bundesliga-Auftakt gegen den FC Schalke 04.

Die neue Mannschaft der Eintracht ist jünger, schneller und auch unberechenbarer als die alte. Und sie ist: internationaler. Für den Angriff kam der Schwede Branimir Hrgota, für das offensive Mittelfeld der Kroate Ante Rebic. Vor der Abwehr spielt jetzt der Spanier Omar Mascarell, hinter ihm sollen Guillermo Varela aus Uruguay und seit Sonntag auch der Anglo-Jamaikaner Michael Hector abräumen.

Dass für diese halbe Weltauswahl Spieler wie Publikumsliebling Stefan Aigner (zu 1860 München) oder Eigengewächs Luca Waldschmidt (zum Hamburger SV) verkauft wurden, stieß selbst im weltoffenen Frankfurt auf massive Fankritik. Kovac verteidigt diesen Kurs aber vehement.

«Alle wissen doch, in welcher Situation wir uns befinden. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn wir andere finanzielle Mittel zur Verfügung hätten. Die haben wir aber nicht», sagte er. «Unser Budget ist nicht so groß, dass wir Unsummen für neue Spieler ausgeben könnten. Wir müssen jetzt einen solchen Weg gehen und hoffen, dass der sich irgendwann amortisiert. Dafür muss man geduldig sein.»

In der Theorie ist der Plan, dass junge und gut ausgebildete Profis wie Mascarell, Rebic oder Varela die Eintracht auf ein höheres Niveau heben und dadurch einen Kreislauf in Gang setzen: Ein besserer Tabellenplatz verschafft dem Verein höhere Fernseheinnahmen, mehr Geld kann dann wiederum in neue Spieler investiert werden, usw.

In der Praxis stößt dieses Konzept aber auf ein paar Fragen, die zwei Wochen vor dem Bundesliga-Start noch längst nicht seriös zu beantworten sind. Lässt sich aus diesen neuen Einzelspielern unterschiedlichster Prägung auch ein funktionierendes Team bilden? Sind sie der Wettkampfhärte der Bundesliga auch gewachsen? Und muss die Eintracht in einem Jahr womöglich wieder von vorne anfangen, weil Spieler wie Vallejo, Varela und auch Hector nur ausgeliehen sind? In dieser Besetzung sind die Frankfurter die größte Wundertüte der Liga.

Hrgota schoss gegen Vigo zwei Tore und sieht die ganze Sache sehr gelassen. «So schwer ist das nicht, das alles zusammenzufügen», sagte der Neuzugang von Borussia Mönchengladbach. «Alle warten darauf, dass die Saison endlich losgeht. Wir werden alles dafür tun, um nicht wieder da unten zu stehen, wo wir in der letzten Saison waren.»

Fotocredits: Arne Dedert
(dpa)

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