Passagiere sollen einfacher an Entschädigung kommen

Berlin – Der Sommer 2018 hat viele Rekorde gebrochen – auch wenn es um Ausfälle und Verspätungen von Flugzeugen ging. Urlauber saßen an den Flughäfen im wahrsten Sinne des Wortes stundenlang auf gepackten Koffern. So manchem wird das den entspannten Start in die Ferien verdorben haben.

Entschädigungen beantragten trotzdem nur wenige – nach Ansicht der Politik auch, weil die Verfahren viel zu kompliziert sind. Bei einem Spitzentreffen sagten die Fluggesellschaften nun zu, das zu erleichtern und die Passagiere im Ernstfall besser zu informieren.

Entschädigungen sollen laut Verbraucherschutzministerium künftig über zentrale Anlaufstellen abgewickelt werden, die Passagiere sollen sie nicht nur per Brief, sondern beispielsweise auch über eine Smartphone-App beantragen können. Außerdem wollten Fluggesellschaften und Flughäfen die Kunden per SMS, E-Mail, App und auf Anzeigetafeln im Terminal besser über Verspätungen und Ausfälle informieren.

«Transparente, zügige und einfache Entschädigungsverfahren sowie die Akzeptanz von Schlichtungen sind aus unserer Sicht wichtige Schritte auf dem Weg hin zu einer Verbesserung der Situation», sagte Staatssekretär Gerd Billen. Die Änderungen seien nicht kompliziert und könnten zeitnah kommen – das Ministerium werde «mit Nachdruck» nachfassen.

Verbraucherschutzministerin Katarina Barley (SPD) hatte zuvor «dringenden Handlungsbedarf» angemahnt. Fluggäste brauchten transparente Informationen besonders dazu, wo sie Entschädigungen beantragen könnten. «Die Hinweise zu Ansprüchen, Beschwerde- und Schlichtungsmöglichkeiten gehören gut sichtbar auf die Startseite», forderte sie. Ausgleichsleistungen müssten so einfach werden wie der Ticketkauf. Die SPD-Fraktion hatte gefordert, wer online ein Ticket buche, sollte auch per Klick an seine Entschädigung kommen.

Angestoßen wurde die Diskussion von einem Chaos-Sommer am Himmel. Nach einer Übersicht des kommerziellen Internetportals AirHelp fielen in Deutschland von Januar bis Mitte September mehr als 14.000 Flüge aus, mehr als doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Mehr als jeder vierte Flug in Deutschland (28,8 Prozent) war entweder verspätet oder wurde ganz gestrichen.

«Die Zahl der Flugausfälle und Verspätungen im vergangenen Sommer waren inakzeptabel», erklärte Verkehrsstaatssekretär Guido Beermann am Mittwoch. Grund waren Streiks und Unwetter genauso wie Sicherheitspannen, Nachwehen der Air-Berlin-Insolvenz und simple Fehlplanungen der Airlines. Nach Rechnung des Portals löste das Ansprüche der Passagiere an die Fluggesellschaften in Höhe von 823 Millionen Euro aus.

Ob Fluggesellschaften wie Ryanair angesichts der Streiks zur Kasse gebeten werden können, ist allerdings noch umstritten. Am Mittwoch kündigte die britische Luftverkehrsaufsicht CAA rechtliche Schritte gegen die Airline an, weil diese ihre Passagiere nicht entschädigen will. Ryanair beruft sich dabei auf die bisherige Rechtsprechung, dass Streiks zu den «außergewöhnlichen Umständen» zählen, bei denen die Airlines nicht zahlen müssen. Die CAA vertritt hingegen die Auffassung, dass bei diesen Crew-Streiks den Passagieren nach den EU-Richtlinien doch Entschädigungen zustehen.

Im Oktober hatte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bereits mit Länder-Verkehrsministern und Vertretern der Flugbranche über Verbesserungen im Luftverkehr gesprochen. Damals saßen allerdings keine Verbraucherschützer mit am Tisch – weshalb aus Sicht von Barley ein neues Treffen nötig wurde. Im März wollen die Akteure erneut zusammenkommen und überprüfen, was bis dahin verbessert wurde.

Die Fluggesellschaften hatten beim ersten Treffen eine Reihe von Verbesserungen im System zugesagt. So will die Lufthansa zusätzliche Flugzeuge und Crews an den großen deutschen Flughäfen bereitstellen. Außerdem soll überprüft werden, ob Sicherheitskontrollen – wie an anderen europäischen Flughäfen – effektiver und schneller werden können. Der Frankfurter Flughafen will zehn neue Kontrolllinien einrichten, andere Flughäfen zusätzliche Flächen für die Security-Checks bereitstellen.

Fotocredits: Michael Hanschke
(dpa)

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