Silber statt Gold: Tennis-Ass Kerber verliert Finale

Rio de Janeiro (dpa) – Angeschlagen und enttäuscht: Angelique Kerber hat die große Gold-Chance im olympischen Tennis-Turnier nicht nutzen können und den ersten deutschen Einzel-Triumph seit Steffi Graf gegen eine Außenseiterin verspielt.

Kerber unterlag Sensations-Olympiasiegerin Monica Puig in Rio de Janeiro 4:6, 6:4, 1:6. Trotz einer kämpferisch überzeugenden Vorstellung reichte es für die 28-Jährige nicht zum zweiten großen Titel nach den Australian Open. Puig zeigte dagegen eine weitere starke Leistung und krönte sich zur ersten Olympiasiegerin in Puerto Ricos Geschichte.

Der nicht hundertprozentig fit wirkenden Kerber blieb Silber, wie schon Tommy Haas 2000 in Sydney sowie dem Doppel Rainer Schüttler und Nicolas Kiefer 2004. Nach Graf 1988 hatte auch das Doppel Boris Becker und Michael Stich 1992 ganz oben auf dem Podest gestanden. Das gelang Kerber nicht. «Ich hoffe, dass das eine Chance ist, die ich nutzen werde», hatte die Weltranglisten-Zweite nach ihrem Halbfinal-Erfolg noch erklärt – die Hoffnung erfüllte sich nicht.

In ihrem ersten olympischen Endspiel nahm die Linkshänderin ihrer Gegnerin gleich das erste Aufschlagspiel ab. Doch wer gedacht hatte, Kerber würde gegen die 22-Jährige problemlos zu Gold marschieren, sah sich getäuscht. Die 1,70 Meter große Puig hat mit ihren erfrischenden Auftritten, mit Tempo in den Schlägen und großem Herz für Trubel gesorgt und ihre Landsleute in Ekstase versetzt. Die Nummer 34 der Welt wurde frenetisch angefeuert und spielte locker auf, Kerber bewegte sich bei weitem nicht so befreit wie sonst und machte zur Schonung kleine Zwischenschritte.

So geriet die Kielerin in die Defensive. Sie lag nach einem sofortigen Rebreak ihrer Rivalin zum 1:1 stets zurück und musste mit 4:6 den ersten Satzverlust im Turnierverlauf hinnehmen. Bevor der zweite Abschnitt losging, nahm Kerber eine Behandlungspause, verschwand in die Kabine. Unter dem Applaus der Zuschauer auf den längst nicht gefüllten Rängen kehrte die Favoritin zurück.

Kerber kämpfte trotz ihrer Probleme wacker, ging wieder in Führung. Einen 4:2-Vorsprung gab sie zwar aus der Hand, doch nach einem weiteren Break zum 5:4 nutzte sie schließlich ihren fünften Satzball. «Komm jetzt», schrie die Wimbledon-Finalistin, ehe sie vor dem dritten Satz erneut in die Katakomben ging.

Auch danach blieb es beim gewohnten Bild: Puig machte Druck von der Grundlinie, ließ Kerber laufen und machte selbst wenig Fehler. Die deutsche Nummer eins schaffte es einfach nicht oft genug, ihrerseits die Initiative zu übernehmen und Puig zu Fehlern zu zwingen.

Als Kerber ihren Aufschlag zum 0:2 verlor, rückte die Entscheidung zugunsten der Außenseiterin näher. Wenig später strauchelte Puig bei einem Passierball von Kerber am Netz und stürzte, schaffte aber trotzdem das 3:0. Drei Matchbälle wehrte Kerber in der umkämpften Schlussphase ab und hatte sogar noch die Chance auf das 2:5, nach 2:09 Stunden aber war die Sensation auf dem Centre Court perfekt.

Fotocredits: Bernd Thissen,Bernd Thissen,Bernd Thissen,Jeon Heon-Kyon

(dpa)
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