Triple-Angriff: Heynckes ist «Mann des Jahres»

München – Nach der vorzeitigen Bescherung des FC Bayern freute sich Jupp Heynckes am meisten auf ein paar besinnliche und erholsame Tage auf seinem geliebten Bauernhof.

«Kürzer treten, durchschnaufen, abschalten, zur Ruhe finden und nicht nur von morgens bis abends an Fußball denken» – so lautete zum Start in den kurzen Weihnachtsurlaub der Wunschzettel des 72-Jährigen nach dem nur am Ende wackligen 2:1 (2:0) im Pokal-Gipfel gegen den gestürzten Titelverteidiger Borussia Dortmund.

Dem in München gefeierten und bundesweit bestaunten Trainer-Rückkehrer gebührt nach 15 Siegen in 16 Pflichtspielen unter seiner Regie der inoffizielle Titel als «Mann des Jahres» im deutschen Fußball. Heynckes selbst sprach von einer «überragenden Quote». Und mit dem erfahrenen Triple-Coach von 2013 auf der Bank ist dem wiedererstarkten deutschen Rekordchampion 2018 nochmals vieles zuzutrauen; als Minimum das zwölfte Double der Vereinsgeschichte.

«Die Voraussetzungen sind top. Wir sind da, wo wir hinwollen. Und jetzt greifen wir im neuen Jahr nochmal an», kündigte Kapitän Thomas Müller nach dem letzten Kraftakt 2017 an. «Wir wollen natürlich immer alles», sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic zur Option Triple, die kein Offizieller und kein Profi öffentlich als Ziel ausrufen wollte.

Wie ernsthaft die Bayern ihren Titel-Großangriff aber meinen, belegten sie am Donnerstag mit einer Transfer-Vollzugsmeldung: Nationalstürmer Sandro Wagner wechselt für mindestens zwölf Millionen Euro von 1899 Hoffenheim zum Rekordmeister. «Ich freue mich riesig. Eine lange Reise geht für mich zu Ende, ich komme wieder nach Hause zu meinem Verein, in meine Heimat», äußerte der 30-Jährige.

Wagner unterschrieb einen Vertrag bis 2020. Die Bayern haben eine empfindliche Schwachstelle in ihrem Luxuskader geschlossen: Wagner gilt als Top-Vertreter für Torjäger Robert Lewandowski, den Heynckes nun gezielter einsetzen und vor großen Aufgaben in der Champions League auch mal schonen kann. «Wir sind überzeugt, dass Sandro Wagner die Qualität unserer Mannschaft durch seine Klasse und seine Erfahrung weiter erhöhen wird», sagte Sportdirektor Salihamidzic.

Im Trainingslager in Katar vom 2. bis 7. Januar wird Wagner zum Team stoßen. Zu Spielern, die nach dem Kraftakt der ersten Heynckes-Phase nach einem kurzen Urlaub wieder frisch und bereit für neue Taten sein sollen. «Die kurze Pause kann uns richtig helfen», glaubt Torjäger Lewandowski. Nach dem lange dominanten Auftritt gegen den BVB mit jedoch nur zwei Toren von Jérôme Boateng und Thomas Müller ging Heynckes‘ Team nach dem BVB-Treffer von Andrej Jarmolenko fast der Sprit aus. «Wir haben uns zu viel aufs Verteidigen beschränkt, das hätte sich fast noch gerächt», sagte Müller, der stolz auf die Aufholjagd nach dem Trainerwechsel verwies: «Wir haben in den letzten Wochen viel investiert. Wir haben dem Druck extrem standgehalten.»

Heynckes sprach in seinem Schlusswort 2017 von einem «Etappenziel», das erreicht sei – aber nicht mehr. Er brennt – wie 2013! «Wir müssen uns noch weiter steigern, dann können wir zuversichtlich sein, nicht nur in der Meisterschaft, sondern auch in einem Pokalwettbewerb erfolgreich zu sein.» Oder in beiden, DFB-Pokal und Königsklasse.

«Wenn du in der Liga von 30 Punkten 27 holst und alle Pokalspiele und Champions-League-Spiele gewinnst, ist das eine überragende Bilanz», sagte Heynckes. Er rühmte damit seine Spieler, seinen Stab – und sich selbst. «Wir haben mit Jupp Heynckes an vielen Schrauben gedreht», erinnerte Niklas Süle, einer von vielen Spielern, die unter dem Coach auf begrenzte Zeit eine bemerkenswerte Entwicklung genommen haben.

Abzuwarten bleibt, ob die Borussia unter Neu-Coach Peter Stöger eine ähnlich positive Entwicklung nehmen kann wie die Heynckes-Bayern. «Man kann schon davon ausgehen, dass wir in der Rückrunde eine Mannschaft sehen werden, mit der die Dortmund-Fans richtig viel Spaß haben», kündigte Stöger zehn Tage nach seinem Amtsantritt an.

Der Einzug in die Champions League ist ein Muss, die Europa League die Kür, um den ramponierten internationalen Ruf aufzupolieren. Dafür liege allerdings «ab dem 3. Januar sehr, sehr viel Arbeit vor uns», mahnte Sportdirektor Michael Zorc. In Dortmund werden die Festtage weniger fröhlich und deutlich unentspannter ausfallen als im Domizil von Heynckes im Schwalmtal nahe der niederländischen Grenze.

Fotocredits: Tobias Hase
(dpa)

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