Der lange Schatten der Relegation: Braunschweig schwächelt

Kaiserslautern – Als Torsten Lieberknecht den Presseraum des Fritz-Walter-Stadions betrat, wurden dort auf mehreren Bildschirmen noch einmal die Wochenend-Spiele der Fußball-Bundesliga gezeigt.

Solche Momente verfolgen den Trainer von Eintracht Braunschweig seit den verlorenen Relegationsspielen im Mai: Seine Mannschaft muss an Montagabenden noch immer in der Zweiten Liga ran. Die Erste Liga darf sie sich nur im Fernsehen anschauen. Nimmt man allein die ersten vier Saisonspiele als Maßstab, dürfte sich daran auch in einem Jahr nichts ändern. Denn ihrer Rolle als Aufstiegsfavorit wurde die Eintracht auch bei ihrem 1:1 (1:0) beim 1. FC Kaiserslautern nicht gerecht.

«Wenn du so ein spätes Gegentor bekommst, ist man natürlich nur bedingt zufrieden», sagte Lieberknecht hinterher. «Aber wir sind weiter ungeschlagen. Das steht auch zu Buche.»

Der 44-Jährige sucht in diesen Wochen in allem und jedem das Positive. Das ist seine Antwort auf die schwierige Ausgangsposition, in die eine verlorene Relegation jeden Verein erfahrungsgemäß bringt. Die Konkurrenz hält den Vorjahres-Dritten für den Aufstiegsfavoriten der Zweiten Liga, die eigenen Fans sehen das in der Mehrheit nicht anders. Lieberknecht dagegen ist dieser Erwartungsdruck zu groß. Nach dem 1:1 gegen Aue ging der Braunschweiger Dauertrainer auf das eigene Publikum los («Das kotzt mich an!»). Nach dem 1:1 in Kaiserslautern fand er deutlich mildere Worte für ein Spiel, das seine Mannschaft eigentlich niemals hätte aus der Hand geben dürfen.

35 Minuten lang war Braunschweig klar besser und ging durch Onel Hernandez (27.) verdient in Führung. Was danach folgte, bestrafte Gervane Kastaneer mit dem Ausgleich in der 80. Minute: Braunschweig wurde zu passiv und spielte seine Konterangriffe nur schlampig aus.

Die verlorenen Relegationsspiele gegen den Nachbarn VfL Wolfsburg haben bei dieser Mannschaft noch keine Jetzt-erst-recht-Haltung geweckt. Sie spielt in dieser Saison bislang eher einen halbherzigen Mal-sehen-was-für-uns-so-geht-Fußball – auch wenn Mittelfeldspieler Mirko Boland dieser Einschätzung vehement widersprach: «Man sollte den 1. FC Kaiserslautern nicht so kleinreden, dass man sagt: Die können gar nichts, die hätten wir in Grund und Boden spielen müssen.»

Auch Kapitän Ken Reichel betonte: «Klar hätten wir gern mehr Punkte auf dem Konto und den Abstand nach oben gern verkürzt. Aber die Relegation spielt bei uns in den Köpfen überhaupt keine Rolle mehr.»

Dabei zeigen die vergangenen Spielzeiten: Von einer verlorenen Relegation hat sich ein Verein nur selten erholt. Der 1. FC Nürnberg wurde im Jahr darauf nur 12., die SpVgg Greuther Fürth nur 14. Der Karlsruher SC stieg zwei Jahre später sogar in die Dritte Liga ab. Jeder betroffene Club schleppt eine Enttäuschung mit in die nächste Saison, die Vorbereitung ist um fast zwei Wochen verkürzt, meistens jagen einem die Bundesligisten auch noch die besten Spieler ab.

Letzteres ist in Braunschweig nicht passiert. Die Eintracht verlor nur je einen Stammspieler nach England (Phil Ofosu-Ayeh), nach Belgien (Saulo Decarli) und an den Montagsgegner aus Kaiserslautern (Marcel Correia). Bis zum Ende der Transferfrist am Donnerstag soll noch ein neuer Offensivspieler kommen. «Es ist immer noch schwer, gegen uns zu spielen und zu gewinnen», sagte Kapitän Reichel.

Fotocredits: Uwe Anspach
(dpa)

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