Fußball drängt ins Reich der Mitte: «China hat Riesenbedarf»

Frankfurt/Main – Bundesliga-Clubs, die DFL, der DFB – alle drängt es nach China. Der deutsche Profifußball wittert im Reich der Mitte das große Geschäft, wie es sich kürzlich auch Uli Hoeneß plastisch ausmalte.

Aber wie realistisch ist das? Die Expertise aus dem Land des Weltmeisters genieße in China sehr hohes Ansehen, versichert Jiawei Wang, Experte für deutsch-chinesische Unternehmenstransaktionen bei der Beratungsgesellschaft Rödl & Partner, der Deutschen Presse-Agentur: «Es ist wie bei Industrieprodukten: Die Deutschen haben das Knowhow und China hat einen Riesenbedarf.»

Die Bundesliga werde bereits seit Jahrzehnten im staatlichen Fernsehen gezeigt. Bayern München hat nicht nur zahlreiche Fans, sondern unterhält auch ein Büro in Shanghai. «Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs», glaubt der in China zugelassene Rechtsanwalt Wang. Er sieht eine Vielzahl von Kooperationsmöglichkeiten, bei dem sich die Deutschen den weltweit größten Markt für Fußball sichern könnten.

Die Offensive der Bundesligisten läuft immer hochtouriger: Der 1. FC Köln ist gleich nach dem Bundesliga-Finale zu einem PR-Trip nach China aufgebrochen. Die Tour ist Bestandteil einer Kooperation mit dem FC Liaoningi. Schalke 04 bereitet sich zum zweiten Mal hintereinander im Reich der Mitte auf die neue Spielzeit vor. Auch der FC Bayern geht wieder auf Asienreise mit insgesamt vier Spielen in China und Singapur. Der VfL Wolfsburg hat im März eine Repräsentanz in Peking eröffnet.

«Meine Idee ist: Irgendwann wird ein chinesischer Spieler beim FC Bayern spielen. Und wenn dieser Chinese bei uns spielt, wird der eine irre Nachfrage erzielen», erklärte Bayern-Präsident Hoeneß bei einem Vortrag in Lichtenstein seine Strategie und lieferte gleich ein Rechenspiel: «Wenn wir am Samstag dann wahrscheinlich um zwei Uhr spielen, damit in Shanghai oder Peking in Primetime live übertragen werden kann, drücken 300 Millionen Chinesen auf ihr iPhone und zahlen je einen Euro. Dann können sie sich etwa vorstellen, wo es hingeht.»

Der Fußball dort verspricht nicht nur ungeahnte wirtschaftliche Möglichkeiten, er genießt zudem die uneingeschränkte Unterstützung der Staatsspitze. Präsident Xi Jinping persönlich hat die als «Traum» verpackte Devise ausgegeben: China solle zunächst nach 2002 ein zweites Mal an einer WM teilnehmen, 2030 selbst eine ausrichten und da am besten den Titel gewinnen. Kein leichtes Unterfangen bei bislang nur wenigen Tausend aktiven Spielern.

Wichtige Schritte auf dem Weg zur internationalen Bühne sind der bereits abgeschlossene Kooperationsvertrag des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit dem chinesischen Verband sowie die angestrebte, laut «Kicker» rund 250 Millionen Euro schwere Vereinbarung der Deutschen Fußball Liga mit dem chinesischen Elektrokonzern Suning. Der rechtsverbindliche Vorvertrag ist nach DFL-Angaben unterschrieben. Suning ist bereits Partner der englischen Premier League und der spanischen La Liga und soll strategischer Partner für die 36 deutschen Profi-Clubs werden.

Gerne würden die Chinesen auch in deutsche Mannschaften investieren, wie es Suning als Hauptaktionär bereits bei Inter Mailand getan hat. «Die 50+1-Regel ist sicherlich ein Wettbewerbsnachteil für die deutsche Bundesliga», sagt Wang. Schließlich sei es für einen Investor ein höheres Risiko, wenn er sich bei einem Auslandsinvestment mit einer Minderheit begnügen müsse.

Die größten Probleme sieht der Experte in allen deutsch-chinesischen Geschäften vor allem bei der Überwindung der kulturellen Unterschiede sowie der Sprachbarriere. So seien es deutsche Manager gewohnt, Projekte in sehr strukturierten Prozessen zu bearbeiten. «In China kann alles plötzlich sehr schnell gehen», meint Wang und gibt dazu den Rat: «Die Deutschen müssen etwas chinesischer denken und die Chinesen etwas deutscher.»

Fotocredits: Xi Ya
(dpa)

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