Wie bewährt sich das neue Pauschalreiserecht?

Kempten – Urlaubsbuchungen im Internet sind seit einiger Zeit besser abgesichert: Seit dem vergangenen Sommer gilt in Deutschland ein neues Pauschalreiserecht.

Wenn einzelne Leistungen wie Flug und Hotel zu einer Reise gebündelt werden, muss das Online-Portal eine Insolvenzabsicherung vorlegen. Das Gleiche gilt für den Verkauf in einem Reisebüro. «Tatsächlich ist der ausgeweitete Insolvenzschutz insgesamt ein Plus für Urlauber», sagt der Reiserechtsexperte Prof. Ernst Führich aus Kempten.

Was nach wie vor gilt

Wie schon vor der Gesetzesnovelle gilt: Pauschalreisen, also von einem Veranstalter geschnürte Reisepakete zum Beispiel aus Flug, Hotel und Mietwagen, sind gut abgesichert. Urlauber bekommen bei Insolvenz des Veranstalters ihr Geld zurück, können bei Mängeln den Reisepreis mindern und Schadenersatz verlangen.

Ebenfalls unverändert geblieben ist die Situation für Urlauber, die sich ihre Reisebausteine individuell zusammenstellen, also zum Beispiel ein Hotel auf den Kanaren über ein Internetportal und einen Flug dazu auf einer Airline-Website buchen. Kommt es hier zu Problemen, muss jeder selbst schauen, wie er zu seinem Recht kommt. Wenn die Fluggesellschaft wie im Fall Germania pleite geht, bleiben Reisende meist auf ihren Kosten sitzen.

Was ist neu?

Neu ist eine dritte Kategorie: die verbundene Reiseleistung. Diese Rechtsform sorgt auf der Seite der Veranstalter und Reisebüros nach wie vor für Rechtsunsicherheit. Die verbundene Reiseleistung entsteht, wenn ein Reisebüro oder Online-Portal einem Urlauber als Vermittler ein individuelles Reisepaket aus einzelnen Leistungen wie Flug und Hotel verkauft – und zwar binnen eines Tages. Macht jeder der Bausteine mindestens 25 Prozent des Gesamtpreises aus, entsteht auch hier eine Pauschalreise. Und für die muss gesetzlich ein Sicherungsschein ausgestellt werden.

Hotelbuchungen als Pauschalreisen?

Als das neue Gesetz eingeführt wurde, sind einige Reiseveranstalter über diese gesetzliche Pflicht hinausgegangen: Sie versichern einzelne Hotelbuchungen als Pauschalreisen. Das wurde zuvor schon so gemacht, wie Sabine Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale Brandenburg bestätigt. Nun passiere das auf freiwilliger Basis.

Der Urlauber soll einen Vorteil haben: Sein angezahltes Geld ist im Fall einer Insolvenz abgesichert – auch wenn er nur ein Hotel beim Veranstalter bucht. Für dieses Konstrukt sieht Führich jedoch keine rechtliche Grundlage. «Zweifel hat im letzten Jahr deshalb auch das Justizministerium angemeldet», sagt der Experte, der als Sachverständiger am Gesetzgebungsverfahren beteiligt war.

In der Praxis problematisch

Das Problem: Pauschalreisen müssen eigentlich aus mindestens zwei Leistungen bestehen. Manche Veranstalter bedienen sich deshalb eines Tricks: Tui und DER Touristik mit den Marken Dertour, ADAC Reisen, Jahn Reisen und ITS kombinieren die einzelne Hotelbuchung mit einem Servicepaket, bestehend aus telefonischem Notfall-Dienst, digitalen Reiseführer und SMS-Assistenten. «Gewillkürte Pauschalreise» nennt Führich das – und hält diese Praxis für problematisch. Wie solche Fälle vor Gericht im Fall einer Veranstalterinsolvenz beurteilt würden, könne derzeit niemand sagen, so der Experte.

Die Insolvenz eines riesigen Reisekonzerns ist jedoch eher ein theoretisches Risiko, wie Fischer-Volk betont. Problematischer kann das Konzept bei kleineren Veranstaltern sein. Hier ist die Frage: Ist die Einzelbuchung tatsächlich durch einen Versicherer geschützt? Im Zweifel dort anrufen, rät die Juristin.

Saubere Lösungen

Rechtlich sauberer lösen etwa Schauinsland-Reisen, Bentour, Olimar, VTours, Traveltrex und Snowtrex die Situation. Sie legen einer gebuchten Einzelleistung freiwillig einen Garantieschein dazu, der über eine Deckung außerhalb des Pauschalreiseschutzes verfügt.

Einige große Veranstalter haben eine Kehrtwende vollzogen. Sie sind von dem künstlichen Aufpeppen von Einzelbuchungen zu Pauschalreisen ausgestiegen – Thomas Cook mit seinen Marken Thomas Cook Signature und Neckermann Reisen im August 2018. Auch FTI vertreibt einzelne Hotelbuchungen wieder ohne Insolvenzschutz. Weitere Veranstalter könnten folgen. Und Alltours etwa hat die Praxis nie eingeführt.

Fotocredits: Jens Kalaene,Thomas Ecke,Stephanie Schuster
(dpa/tmn)

(dpa)
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